Von Tausenden geschmierten Butterbroten und Wäschebergen, über auf blutige Kinderknie geklebte Pflaster und abgewischte Trotztränen hat Stefanie Schardien in ihrem ersten „Wort zum Sonntag“ gesprochen. Das ist bereits ein paar Wochen her, es war der Samstag vor dem Muttertag. Ein schwieriger Tag, findet die promovierte Pfarrerin und Mutter von zwei Buben im Alter von vier und sieben Jahren. Bei ihr löse er „gemischte Gefühle“ aus: „Wer irgendwas zum Muttertag sagt, landet ruckzuck in Schubladen: Mutti oder Emanze.“
Aufgewachsen im Dortmunder Westen
Aber in Schubladen lässt sich Stefanie Schardien nicht gerne stecken. Die 42-Jährige ist im Dortmunder Westen aufgewachsen. Heute ist sie Pfarrerin auf einer halben Stelle im bayerischen Fürth, wo sie mit ihrer Familie lebt.
Eine Freundin von ihr hat mal gewitzelt, Stefanie Schardien habe „Karriere rückwärts“ gemacht. Ihr Theologie-Studium führte Stefanie Schardien unter anderem nach Heidelberg und Toronto in Kanada. Nach ihrem Vikariat in Hattingen wurde sie in Westfalen zur Pfarrerin ordiniert. Schließlich landete sie in der Forschung: Sie wurde Juniorprofessorin für Systematische Theologie an der Uni Hildesheim und forschte zu ethischen Themen.
Ihren Mann hat sie während des Studiums kennengelernt. Auch Peter Dabrock startete gerade mit einer akademischen Karriere durch. Heute ist der Erlanger Theologieprofessor als Vorsitzender des Deutschen Ethikrats weit über Uni-Zirkel hinaus bekannt.
Als dann das erste Kind kam, war die Pendelei irgendwann nicht mehr zu machen. „Ich saß im Zug von Hildesheim nach Fürth und hoffte immer, dass es möglichst keine Verspätung gibt“, erzählt sie. Schardien gab ihre akademische Laufbahn zugunsten der Familie auf. Sie wechselte in die bayerische Landeskirche. Dort arbeitete sie zunächst als Kindergottesdienst-Referentin im Nürnberger Amt für Gemeindedienst und seit 2016 auf der halben Stelle in der Fürther Gemeinde St. Michael.
Klassisches Mütterschicksal? Ja und nein. Das mit der „Karriere rückwärts“ mag Stefanie Schardien jedenfalls nicht gelten lassen: „Von der Außenperspektive und vom Gehaltszettel mag das so aussehen“, sagt sie, „aber von der Sinnhaftigkeit her gesehen, ist es für mich eine steile Karriere gewesen“.
Stefanie Schardien ist Gemeindepfarrerin mit Leib und Seele. Es ist die „Kirche vor Ort“, es sind die Gemeinden und ein wirklich „begeistertes Bodenpersonal“, wo Schardien die Zukunft der Kirche sieht – kirchliche Strategiepapiere, Zukunftsprozesse und Verwaltungsoptimierungen hin oder her.
Sie, ihr Mann und die beiden kleinen Söhne leben gern in Fürth. „Die Stadt hat ein bisschen Ähnlichkeit mit dem Ruhrgebiet“, sagt sie. „Es ist eine Arbeiterstadt, man kommt leicht mit den Menschen in Kontakt.“ Auch der leicht frotzelnde Humor gefällt ihr und ist vertraut. „Aber die Mentalität im Ruhrgebiet ist noch etwas offener. Direkter“, meint sie. „Manchmal vermisse ich das.“ Dann sagt sie: „Fürth ist gemütlich, aber im Denken großstädtisch.“