Am Mittwoch hatte sie noch im Roten Rathaus in Berlin zum Gedenken an das Kriegsende vor 80 Jahren aus ihrer Autobiografie gelesen. Nun ist Margot Friedländer gestorben. Bischof Stäblein erinnerte an ihre Verdienste.
Der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein hat die Verdienste der im Alter von 103 Jahren gestorbenen Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer gewürdigt. “Sie war eine der eindrücklichsten Stimmen gegen das Vergessen – und eine für das Leben. In unzähligen Begegnungen, Gesprächen und Vorträgen hat sie uns Anteil gegeben an ihrer Geschichte und ihrer Hoffnung”, erklärte er am Freitagabend in Berlin. Dass sie nach allem, was ihr und ihrer Familie während der Zeit des Nationalsozialismus angetan worden sei, “den Weg des Erinnerns, der Versöhnung, ja sogar der Liebe gegangen ist – das bleibt ein Vermächtnis für uns alle”.
Margot Friedländer habe Menschen zugehört, sie ermutigt und herausgefordert. Sie habe mit Menschlichkeit gesprochen – eindringlich, klar, unvergleichlich. “Gerade in einer Zeit, in der Antisemitismus wieder wächst und demokratische Grundwerte infrage gestellt werden, war ihre Stimme ein Licht”, betonte Stäblein. “Wir sind dankbar für das, was sie uns gegeben hat: Erinnerung, Mut, Humanität und Versöhnung.”
Friedländer, eine der bekanntesten Zeitzeuginnen, war am Freitag in Berlin gestorben, wie die Margot Friedländer Stiftung mitteilte. Friedländer wurde 1921 in Berlin als Margot Bendheim geboren. Ihre Familie hatte versucht, vor den Nationalsozialisten in die USA zu fliehen, jedoch vergeblich. Ihre Familie wurde in Auschwitz ermordet. Margot Friedländer selbst wurde im Untergrund in Berlin entdeckt und 1944 nach Theresienstadt gebracht.
Ihre Erlebnisse schrieb sie in ihrer Autobiografie “Versuche, dein Leben zu machen” nieder, aus dem sie noch am vergangenen Mittwoch bei der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestags des Kriegsendes im Roten Rathaus gelesen hatte. Für ihr Engagement für Demokratie sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung wurde Friedländer mehrfach ausgezeichnet. An diesem Freitag hätte sie eigentlich von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik erhalten sollen. Der Termin war bereits kurz zuvor abgesagt worden.