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Berlin will Kampf gegen Antisemitismus in Verfassung verankern

Nach der Aussetzung der Antidiskriminierungsklausel für öffentlich geförderte Kultureinrichtungen hat der Berliner Senat weitere Schritte angekündigt, um Hass gegen Juden und Israel wirksam zu bekämpfen. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bekräftigte am Dienstag seine Forderung, den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in der Verfassung des Landes zu verankern. Die Diskussion über die sogenannte Antisemitismusklausel zeige, „dass es wichtiger denn je ist, eine klare Haltung zu zeigen“, betonte Wegner. Über eine Änderung der Landesverfassung werde nun in der Koalition, im Senat und im Abgeordnetenhaus beraten.

Das Nachbarland Brandenburg hatte bereits Mitte 2022 eine entsprechende Änderung der Verfassung beschlossen. Demnach haben dort die Bekämpfung von Antisemitismus und Antiziganismus Verfassungsrang.

Wegner verwies am Dienstag in Berlin darauf, dass er bereits Mitte November vorgeschlagen hatte, den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen. Er fühle sich jetzt in seiner Haltung bestärkt. Antisemitismus habe in Berlin keinen Platz: „Das ist und das bleibt eine unverhandelbare Grundüberzeugung dieses Senats.“

Hintergrund der Debatte ist die Aussetzung der Antidiskriminierungsklausel für öffentlich geförderte Kultureinrichtungen durch den Senat am Vortag. Die Senatskulturverwaltung begründete den Schritt mit juristischen Bedenken. Die Klausel war erst am 21. Dezember 2023 eingeführt worden.

Wegner bezeichnete diesen Schritt als einen Auftrag. Der Senat werde eine rechtssichere Grundlage schaffen: „Unser Ziel ist klar: kein Geld für politische oder religiöse Extremisten, und deshalb: kein Geld für Antisemiten.“

Die Antidiskriminierungsklausel verlangte von Kultureinrichtungen, bei Förderanträgen mögliche antisemitische Tendenzen in Projekten klar auszuschließen. Grundlage war die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Rembrance Alliance (IHRA). Kritiker halten diese für zu ungenau. Gegen die Klausel hatten unter anderem mehr als 5.000 „Kulturproduzenten“ einen Protestbrief geschrieben.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland bedauerte am Dienstag die Aussetzung der Klausel. Zentralratspräsident Josef Schuster erklärte, der Ausschluss staatlicher Förderung bei menschenverachtenden Positionen sei eigentlich selbstverständlich. Er sei dem Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) dankbar für dessen Vorstoß, auch wenn die Anwendung der Klausel nun vorerst ausgesetzt sei.

Zentralratspräsident Schuster hat nach eigenen Worten wenig Verständnis für den breiten Protest gegen die Einführung der Antidiskriminierungsklausel. „Statt einer klaren Positionierung gegen Antisemitismus entbrennt eine Debatte um Definitionen und Deutungshoheiten“, kritisierte er. Schuster äußerte die Hoffnung, „dass eine juristisch fundierte Lösung schnellstmöglich erarbeitet und umgesetzt wird“. Der Kern der Klausel bleibe wichtig.