Nach antiisraelischen Hass-Botschaften auf einem kirchlichen Weihnachtsmarkt in Darmstadt kommt es zu personellen Konsequenzen. Und Hessens Antisemitismusbeauftragter spricht von einem absehbaren Eklat.
Der Eklat um Hamas-Symbole auf einem evangelischen Weihnachtsmarkt in Darmstadt hätte laut Hessens Antisemitismusbeauftragten Uwe Becker verhindert werden können. “Schon das Motto eines antikolonialistischen Weihnachtsmarktes hätte aufschrecken lassen müssen”, sagte er am Freitag in Wiesbaden. Denn Israel werde bereits seit längerem als eine “Kolonie des Westens verunglimpft und damit dessen Existenzrecht bestritten”.
Darmstadt sei jedoch nach dem vergangenen Wochenende nun ein Beispiel für die Salonfähigkeit von israelbezogenem Antisemitismus. “Es muss endlich Schluss sein mit der Kooperation mit Israelhassern”, forderte der Beauftragte. Der Schrecken über judenfeindliche Inhalte wäre zu verhindern gewesen, “wenn man schon zuvor die Alarmzeichen wahrgenommen und einen solch hetzerischen Markt gar nicht erst zugelassen hätte”. Becker warnte vor Vereinnahmungen durch israelfeindliche Akteure.
Medien berichteten am Freitag mit Bezug auf den Gemeindepfarrer Manfred Werner, dass das für die Organisation des Marktes zuständige Mitglied des Kirchenvorstands inzwischen zurückgetreten sei. Auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) konnte die evangelische Landeskirche dies jedoch bis Freitagnachmittag noch nicht bestätigen. Bisher liege kein solches Rücktrittsschreiben vor, sagte eine Sprecherin.
Bei dem von der evangelischen Michaelsgemeinde organisierten Weihnachtsmarkt am dritten Advent waren antisemitische Symbole auf verschiedenen weihnachtlichen Produkten angeboten worden. Pfarrer Werner selbst ist von der Landeskirche vorläufig die Ausübung seines Amtes untersagt worden. Rechtliche Schritte gegenüber der Kirchengemeinde könnten folgen, teilte die Landeskirche in einer am Freitag online veröffentlichten Stellungnahme mit.
“Wir suchen weiter das Gespräch mit den Verantwortlichen der Gemeinde, um die Vorwürfe aufzuklären”, heißt es dort. Bislang seien die Auskünfte allerdings dürftig. “Um auch Klarheit über die strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe zu erlangen, begrüßen wir die Strafanzeige, die die Jüdische Gemeinde Darmstadt gegen die Michaelsgemeinde gestellt hat, ausdrücklich”, so die Landeskirche. Sie selbst habe zwischenzeitlich Anzeige wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gestellt. Der vorerst suspendierte Pfarrer – der von der Landeskirche zu einer Distanzierung von den kritisierten Hass-Botschaften aufgefordert wurde – erklärte, die Michaelsgemeinde lehne jegliche Menschenverachtung ab.
In der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Freitag) spricht Pfarrer Manfred Werner von gegen ihn gerichteten Bedrohungen nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe. Der Geistliche räumte zudem ein, dass eine propalästinensische Gruppe auf dem Markt Symbole gezeigt habe, die die Grenzen des Tolerierbaren überschritten hätten.
Die “Zurschaustellung dieser Symbole” sei mit ihm jedoch nicht abgesprochen gewesen, betonte Werner. Auf den auf dem Facebook-Kanal “Honestly Concerned” veröffentlichten Fotos sind etwa Hamas-Schlüsselanhänger und israelfeindliche Taschen zu sehen, die beim Weihnachtsmarkt angeboten wurden. “Honestly Concerned” beschreibt sich als Initiative gegen Antisemitismus.