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Barrierefreiheit nützt allen – Verband fordert klare Regeln

Inklusion darf kein Luxus sein: Der Sozialverband pocht auf gesetzliche Vorgaben für mehr Teilhabe. Denn auch Ältere und Familien können vom Abbau von Hürden profitieren.

Alle Menschen profitieren laut dem Sozialverband von Barrierefreiheit. Insbesondere für eine älter werdende Gesellschaft sei sie ein Gewinn, erklärte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier am Samstag in Berlin; Anlass ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen am Montag. “Ob Verkehr, Gesundheitsdienste, Einzelhandel, Internetportale oder Arbeitsstätten – alles muss für alle zugänglich werden”, betonte sie.

Der Sozialverband fordert entschlossene politische Maßnahmen. Inklusion und Teilhabe seien keine freiwilligen Aufgaben; “sie sind Menschenrechte”, so Engelmeier. “Deshalb braucht es endlich eine gesetzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit auch für die Privatwirtschaft, flankiert durch finanzielle Anreize.”

Auch im Bildungsbereich sieht der Verband dringenden Handlungsbedarf. Inklusive Bildung müsse endlich Realität werden. “Alle Kinder und Jugendlichen – unabhängig von einer Behinderung oder dem sozialen Status ihrer Eltern – müssen gemeinsam lernen können”, sagte Engelmeier. Dafür brauche es verbindliche Qualitätsstandards, umfassende Fortbildungen für Fachkräfte, ausreichende personelle und materielle Ressourcen sowie systematische Umsetzungsprozesse.

Zudem müsse die Beschäftigungspflichtquote für Unternehmen und Verwaltungen auf mindestens sechs Prozent steigen. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben müsse besser überwacht und Verstöße konsequenter verfolgt werden. Gleichzeitig brauche es stärkere Anreize, um Unternehmen zur Erfüllung ihrer Pflicht zu motivieren. Zudem plädiert der Sozialverband für eine umfassende Reform der Werkstätten für behinderte Menschen. Es sei “ein Skandal, dass bislang nur 0,2 Prozent der Werkstattbeschäftigten den Sprung in den allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen”, kritisierte Engelmeier.

Auch die katholische Kirche in Deutschland hatte zuvor bereits zu mehr Einsatz für die Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft aufgerufen. Eine gerechte und inklusive Gesellschaft sei kein Privileg, sondern ein Menschenrecht, erklärte am Freitag der Erfurter Weihbischof Reinhard Hauke, der in der Deutschen Bischofskonferenz für die inklusive Seelsorge zuständig ist.

An dem Aktionstag sind in Deutschland viele Aktionen geplant, die den weiteren Abbau von Hindernissen und die Umsetzung von Inklusion forderten, wie es hieß. Zugleich stehe der Tag aber auch für Hoffnung, so Hauke: “Hoffnung auf eine Gesellschaft und eine Kirche, in der niemand ausgeschlossen wird, in der Vielfalt als Stärke erkannt und gelebt wird.”

Gerade im laufenden, vom verstorbenen Papst Franziskus ausgerufenen Heiligen Jahr gelte es, niemals aufzugeben, so der Weihbischof. Er rief dazu auf, dass jeder sich selbst fragen solle, wo er sich einbringen könne. “Wo beobachte ich Exklusion und Barrieren? Wie könnten diese konkret überwunden werden? So können wir uns gemeinsam dem Ziel der inklusiven Kirche und Gesellschaft annähern.”