Die Glaubensgemeinschaft der Baha’i wird ausgerechnet in ihrem Stammland verfolgt. Seit der Frauen-Protestbewegung sehen die Mullahs offenbar vor allem in weiblichen Gläubigen eine Gefahr.
Im Iran geraten nach Angaben der religiösen Minderheit der Baha’i zunehmend weibliche Gläubige ins Visier der schiitischen Behörden. Seit März seien 85 Baha’i vor Gericht oder ins Gefängnis gebracht worden, 65 von ihnen Frauen, teilte die internationale Vertretung der Glaubensgemeinschaft in Genf am Dienstag mit. Die Entwicklung folge dem Aufstand von 2022 zur Unterstützung der Rechte der Frauen im Iran. Zwei Drittel aller inhaftierten Baha’i in der Islamischen Republik seien Frauen.
Das Vorgehen der Justiz zeige, dass Frauen im Iran eine gemeinsame Geschichte hätten, unabhängig davon, ob sie Baha’i, Musliminnen, Christinnen, Jüdinnen, Zoroastrierinnen oder religionslos seien, sagte Simin Fahandej, Vertreterin der Baha’i bei den Vereinten Nationen in Genf. Wer im Iran für ein Leben in Gleichberechtigung eintrete und sich unabhängig von Geschlecht, Herkunft und Glauben für das Land engagiere, werde eingesperrt, von der Universität verwiesen, aus dem Beruf entlassen und verfolgt.
Die im 19. Jahrhundert im Iran entstandene Religion der Baha’i wird von den Hauptrichtungen des Islam als abtrünnige Lehre betrachtet und insbesondere in ihrem Entstehungsland unterdrückt. Seit der Machtübernahme der schiitischen Geistlichkeit 1979 sollen in der Islamischen Republik Iran mehr als 200 Gläubige allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit hingerichtet worden sein.