Mama werden ist schwer, Mama sein noch viel mehr. Mit zahlreichen Themen wenden sich Mütter und Eltern an die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung der Diakonie Baden-Baden und Rastatt. Die Beratung richtet sich auch an Familien mit Kleinkindern. Der Evangelische Pressedienst (epd) sprach mit den Sozialarbeiterinnen Sara Münzebrock und Esther Gräfenecker über Schwangerschafts-Apps und schwere Nächte.
epd: Bei den Instagram-Mamas mit beigefarbenen Kinderzimmern und artigen Kindern wirkt alles so schön. Sind Mütter die glücklicheren Menschen?
Münzebrock: Manche Frauen sind glücklich über ihre Schwangerschaft und Elternschaft und andere tun sich mit den positiven Gedanken schwer. Der von der Gesellschaft so dringend erwartete „Baby Glow“ tritt nicht bei jeder Frau ein. Wir bieten den Frauen Raum, um über ihre schweren Nächte, ihre Sorgen und darüber, dass sie auf dem „Zahnfleisch“ gehen, sprechen zu dürfen.
Dabei erwähnen die Frauen auch, dass sie sich ihr Leben meist anders vorgestellt haben. Soziale Medien und Apps zeigen oft nur eine Seite der Medaille. Ich habe immer wieder Klientinnen, die enttäuscht sind, dass ihr Zuhause nicht so aussieht wie das der Insta-Mamas.
Bei ihnen sind stattdessen die Reste von Marmeladenfingern an den Wänden. Ich erinnere dann daran, dass die Darstellungen auf Insta oft nicht realistisch sind. Die Influencerinnen zeigen meist kein Chaos. Oder wie sie mal laut werden und ihre Kinder anbrüllen.
epd: Welche anderen Apps, neben Instagram sehen Sie kritisch?
Gräfenecker: Als problematisch erlebe ich zum Beispiel Schwangerschafts-Apps, die jede Woche darüber informieren, wie groß das Baby sein sollte oder was man zum Beispiel in der 20. Schwangerschaftswoche vom Baby fühlt. Vielen Nutzerinnen ist nicht klar, dass diese Angaben nur Durchschnittswerte wiedergeben.
Ich führe öfter Gespräche mit Schwangeren, die deshalb sehr verunsichert sind. In Einzelfällen kann es auch passieren, dass es tatsächlich eine besorgniserregende Entwicklung gibt. Sollten spezielle pränatale Untersuchungen folgen, begleiten wir die Eltern.
epd: Wie kann die diakonische Schwangerschaftsberatung helfen?
Gräfenecker: Wir halten Unsicherheiten oder Zeiten des Wartens auf Ergebnisse gemeinsam mit ihnen aus, sprechen über unterschiedlichen Sichtweisen und zeigen weitere mögliche Schritte auf. Wir arbeiten nach dem Motto „Mit der Frau, nicht gegen sie.“ Beratend und aufklärend helfen wir Frauen und Eltern gute überlegte Entscheidung zu treffen. In unseren Gesprächen haben wir Zeit, Statistiken zu erklären oder Hintergrundinformationen zu geben.
Wir erinnern auch daran, dass 96 Prozent aller Babys gesund auf die Welt kommen.
Und wir bieten beispielsweise einen Geburtsvorbereitungskurs mit einer Kunsttherapeutin an. Er richtet sich speziell an Frauen, die unsicher sind oder Ängste haben. Das betrifft auch Zweitgebärende, deren erste Geburt nicht so verlief, wie sie es sich wünschten. Mit der Kunsttherapeutin können sie nochmal ganz anders in Verbindung mit ihrem Körper treten und sich auf neue Erfahrungen einlassen.
epd: Wie helfen Sie Frauen, die sich in ihrer Mutterrolle nicht wohlfühlen?
Münzebrock: Das ist ein Thema mit ganz vielen Facetten. Manchmal geht es ja nur darum, dass sich Frauen auch Jahre nach der Schwangerschaft in ihrem Körper nicht wieder wohlfühlen. Andere vernachlässigen das Thema Selbstfürsorge. Sie geben ihrer Mutterrolle so viel Raum, dass sie keine Nähe in der Partnerschaft zulassen können, ihre Hobbys und eigene Freundschaften aufgeben.
Wenn ich diese Frauen frage, „Was gibt es für Sie?“ kommen sie ins Grübeln. Es fällt ihnen schwer, wieder zu sich selbst als Frau zurückzufinden. Andere haben sehr hohe Ansprüche an sich, da sind wir auch wieder bei den perfekten Insta-Mamas. Das sind aber alles Themen, bei denen kleine Veränderungen, die Mütter schon sehr viel zufriedener machen. Oft muss ihnen nur mal jemand sagen: „Du darfst!“
Gräfenecker: Wir beobachten auch, dass Frauen, die vernetzter sind, besser mit Durststrecken und allem anderen zurechtkommen. Gerade wenn der bisherige Freundeskreis nicht oder noch nicht in der Babyphase ist, fühlen sich manche Frauen sehr einsam. Die gehen dann mit ihrem Baby spazieren, einkaufen … und was dann?
Da spielen dann Krabbelgruppen und Still-Cafés eine große Rolle. Insgesamt sehen wir, dass sich Elternrollen in den vergangenen Jahrzehnten verändert haben. Frisch gebackene Mamas und Papas können nicht mehr eins zu eins das Verhalten ihrer Eltern übernehmen. Stattdessen gibt es viele Unsicherheiten. Da hilft der Austausch mit anderen.
epd: Mit welchen Themen kommen Eltern noch zu Ihnen?
Gräfenecker: Auch das Thema Betreuung und Arbeiten ist mit Druck verbunden – leider für jede Variante. Die Frauen, die schnell wieder arbeiten gehen, fühlen sich kritischen Fragen ausgesetzt und als Rabenmutter beäugt. Und die, die länger bei ihrem Kind zu Hause bleiben, werden gefragt: „Wie du arbeitest noch nicht wieder?“
Es wäre schön, wenn beide Varianten anerkannt werden und jede Familie, ohne kritischen Blick von außen, die für sich passendste Variante wählt. Familien kommen aber auch oft wegen finanzieller Fragen oder Partnerschaftsproblemen auf uns zu. (1002/02.05.2025)