Das Stadtmuseum Halle macht das Reichskriegsgericht der Nationalsozialisten zum Thema. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) haben die Ausstellung zur NS-Justiz am Donnerstag mit einem Festakt in den Franckeschen Stiftungen eröffnet. Sie trägt den Titel „Das Reichskriegsgericht 1936 bis 1945. Nationalsozialistische Militärjustiz und Bekämpfung des Widerstands in Europa“ und wird erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, wie die Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt in Magdeburg mitteilte.
Roth ging unter anderem auf den Fall Walter Gröger ein. Der Matrose der deutschen Kriegsmarine wurde am 15. März 1945 wegen Fahnenflucht erschossen. Gröger stehe stellvertretend für insgesamt 30.000 wegen Desertion von der Wehrmachtsjustiz verurteilte Soldaten, betonte Roth. Erst viele Jahre später seien die Opfer rehabilitiert worden. Es habe Jahrzehnte gedauert, „bis Vergessen und Verdrängen einem angemessenen Erinnern in Deutschland Platz gemacht haben“.
Die Botschaft der Ausstellung mache deutlich, dass nicht zulassen werden dürfe, dass Schlussstrich-Befürworter ihre Meinung an die Stelle von historischen Fakten setzen und die Geschichte umdeuten, betonte die Kulturstaatsministerin mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern. Sie sicherte den Angehörigen und Opferverbänden zu, die Erinnerung an die Ermordeten und die verstorbenen Überlebenden der NS-Verbrechen wachzuhalten.
Haseloff erklärte in einem Grußwort, die Opfer des Reichskriegsgerichts und ihr Vermächtnis dürften nicht vergessen werden. „In der Erinnerung geben wir ihnen ihre Würde zurück“, betonte er. Die Ausstellung zeige eindringlich, welche Folgen die Abkehr von rechtsstaatlichen, humanitären und demokratischen Grundsätzen habe.
Das Land Sachsen-Anhalt hat das Ausstellungsprojekt nach Angaben der Staatskanzlei mit rund 535.000 Euro gefördert. Der Bund habe gut 560.000 Euro beigesteuert, hieß es. Die Ausstellung wurde von der Gedenkstätte „Roter Ochse“ in Halle gemeinsam mit internationalen Kooperationspartnern als Wanderausstellung erarbeitet. In der ehemaligen Hinrichtungsstätte haben die Nationalsozialisten nach Angaben der Stiftung bis 1945 rund 550 Menschen aus mehreren Ländern ermordet, darunter viele politische Gefangene. Auch zahlreiche Todesurteile des Reichskriegsgerichts wurden dort vollstreckt.
Das 1936 gegründete Militärgericht hat laut Stiftung während des Zweiten Weltkrieges auch gegen mehrere tausend Mitglieder von Widerstandsgruppen aus den von Deutschland besetzten Ländern Europas verhandelt. Bekannt seien vor allem die Verfahren gegen die Beteiligten des Widerstandsnetzwerks „Rote Kapelle“, hieß es. Das Gericht sei damit ein wesentliches Instrument zur Durchsetzung der Besatzungs- und Repressionspolitik der Nationalsozialisten gewesen.