Eine Ausstellung in Lübeck soll ab 13. Juni mit dem klischeehaften Indianerbild der Deutschen aufräumen. „In Deutschland herrscht eine große Faszination für die indigenen Völker, aber auch eine große Verunsicherung“, sagte der Direktor der Lübecker Sammlung Kulturen der Welt, Lars Frühsorge, beim Ausblick auf die Schau am Donnerstag in Lübeck. Unter dem Titel „Fantasie und Vielfalt. Nordamerika in der Sammlung Kulturen der Welt“ werden im Museum für Natur und Umwelt bis zum 4. Januar 2026 rund 100 Exponate aus Kanada und den USA aus dem 18. bis 21. Jahrhundert gezeigt.
Ein Exponat der Schau entsteht bis November live vor Ort. Der indigene Künstler David Seven Deers aus Kanada arbeitet ab sofort im Dominnenhof des Museums an einem zwei Meter hohen Findling, in den er ein Relief in Form eines Kanus schlagen will. Am Donnerstag wurden die beiden Teile des insgesamt sieben Tonnen schweren Granitsteins geliefert. Das Kunstwerk mit dem Arbeitstitel „The Spirit Canoe“ soll Sinnbild für den kulturellen Austausch im Zeitalter der Globalisierung und zugleich ein Segensspender für alle Lübeckerinnen und Lübecker werden.
Deers bezeichnet sich selbst als Indianer und will die Deutschen auch dazu ermutigen. „Ich bin stolz darauf, dass die Deutschen für uns ein Wort erfunden haben“, sagte er. Das Wort „Indianer“ zu verbieten und Menschen wie ihn als Angehörige eines indigenen Volkes zu bezeichnen, sei falsch. „Ich finde, damit radiert man uns aus. Kein Mensch weiß dann mehr, wer wir sind“, erklärte er und lud alle Interessierten ein, mit ihm bei seiner Arbeit im Domhof ins Gespräch zu kommen.
David Seven Deers wurde 1957 in Vancouver, British Columbia, als Angehöriger der Halkomelem Salish First Nation geboren. 1978 kam er das erste Mal nach Deutschland und von da an immer wieder. Seit den 1980er Jahren ist er als Künstler, Ausstellungkurator und Kinderbuchautor bekannt. Seine Skulpturen, vornehmlich Totempfähle, sind an öffentlichen Orten in ganz Europa, im Westen der USA und in Kanada zu finden.
Lars Frühsorge erklärte, das Indianer-Bild der Deutschen sei geprägt von Naturverbundenheit und ihrem tragischen Freiheitskampf, aber auch von bedenklichen Klischees und Verallgemeinerungen. Die Ausstellung im Museum für Natur und Umwelt solle deshalb anhand teils niemals gezeigter Exponate aus der Sammlung Kulturen der Welt die tatsächliche Vielfalt indigener Kulturen zeigen.