Artikel teilen

Ausstellung im Norden widmet sich „Weihnachten auf See“

Seeleute sind zu Weihnachten selten bei ihrer Familie. Sonderausstellungen in Bremen und Hamburg zeigen Erinnerungsstücke und Berichte aus mehr als 100 Jahren.

Eine Krippe, die ein Seemann in Bethlehem für Weihnachten an Bord gekauft hat.
Eine Krippe, die ein Seemann in Bethlehem für Weihnachten an Bord gekauft hat.Joachim Göres

Abschied, Weh und Leid – darum geht es im Lied „Weihnachten im Hafen“ von Freddy Quinn von 1963, das mit den Zeilen endet: „Der Seemann nur der wusste/sah er den Christbaum stehn/dass tausend Herzenswünsche/mit auf die Reise gehen.“

Zu hören ist der melancholische Song in der Ausstellung „Weihnachten auf See“, die im Heimatmuseum Schloss Schönebeck in Bremen läuft. Dieses Lied trifft gut die Stimmung, auf die Kuratorin Gabriele Jannowitz-Heumann bei der Vorbereitung der Ausstellung gestoßen ist. Sie hat dafür im Archiv des auf die Bremer Schiffbaugeschichte spezialisierten Museums nach Aufzeichnungen über Weihnachten auf See gesucht.

Kein einfaches Thema, wie Jannowitz-Heumann aus eigener Erfahrung weiß: „Mein Vater ist als Erster Offizier auf einem Tanker gefahren, Weihnachten war er nie zu Hause. Er hat nicht darüber gesprochen, wie die Trennung von der Familie zu den Feiertagen für ihn war, und ich habe ihn leider auch nicht danach gefragt.“

Ausstellung „Weihnachten auf See“: Weihnachtsroutine an Bord

In der Ausstellung werden die Besucher von Santa Claus als rot-weiße Holzfigur begrüßt – auf der Mütze informiert der Aufdruck „Norddeutscher Lloyd“ über den Auftraggeber. Es folgt ein Rundgang vorbei an Berichten und Fotos zu mehr als 100 Jahren Heiligabend fernab der Heimat.

Kapitän Albert Semsrott lag mit seinem Kriegsschiff am 24. Dezember 1915 im Kieler Hafen. Er beschreibt den Abend knapp: „Um 6 Uhr ist Abendbrot. Heute kann sich jeder einmal sattessen. Auch sind die Liebesgaben an Bord gekommen: Unterzeug, Strümpfe, Kopfschützer. Dann Christabendgottesdienst. Ein Weihnachtslied und darauf Verlesung des Weihnachtskapitels aus der Bibel durch den Ersten Offizier. Zum Schluss noch ein Weihnachtslied, das Vaterunser, und die kirchliche Feier ist zu Ende.“

Der Weihnachtsmann in der Seemannsmission

Lange Zeit waren Briefe zu Weihnachten die einzige Möglichkeit der Kontaktaufnahme zwischen Familien und Seeleuten in fernen Häfen oder auf See. Später konnten Grüße über Norddeich Radio übermittelt werden – 1990 wurde dieser Sender eingestellt. Seit 1953 strahlt der NDR „Gruß an Bord“ aus. Der langjährige Moderator Herbert Fricke, selbst ehemaliger Seemann, betont die Bedeutung: „Gerade an Heiligabend wird in der Sendung durch die Nähe zu den Menschen gelacht und auch geweint.“

Aus den 50er-Jahren stammen zwei Fotos von einer Weihnachtsfeier in der Bremer Seemannsmission. Zu sehen sind neben einem großen geschmückten Tannenbaum Mütter mit ihren Kindern, die kleine Päckchen in den Händen halten. Der einzige Mann auf den Fotos ist der Weihnachtsmann in seinem roten Kostüm.

Siegfried Apel ist heute Mitte 70. Seine erste Fahrt machte er auf einem Frachtschiff der DDR-Flotte über Weihnachten. Gegenüber Jannowitz-Heumann erinnert er sich daran, wie sich die Mannschaft auf das versprochene gute Weihnachtsessen freute – und wie ihnen dann zähe Broiler vorgesetzt wurden. Woraufhin der Koch ausgetauscht wurde. „Nach dem Essen ging jeder auf seine Kabine. Man dachte an seine Familie und ging in sich.“ Das hält Apel bis heute so: „Wenn die Bescherung vorbei ist, gehe ich auf die Terrasse und gehe in mich!“

Eingebettet ist die informative Sonderausstellung in die dauerhafte Präsentation des Museums, das unter anderem die Geschichte des deutschen Walfangs, der Heringsfischerei sowie die Anfänge der deutschen Seenotrettung erzählt.

Bis 26. Dezember im Heimatmuseum Schloss Schönebeck in Bremen. Ergänzend läuft die Ausstellung „Weihnachten auf Segelschiffen“ in der Zentrale der Bücherhallen Hamburg am Hühnerposten bis zum 6. Januar 2025.