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Ausbau von Frauenhäusern kommt nur langsam voran

Den Ausbau von Frauenhäusern schreibt die seit 2018 geltende Istanbul-Konvention vor, das internationale Übereinkommen zum Kampf gegen Gewalt an Frauen. Ein Projekt fast für die Ewigkeit, denn hierzulande fehlen rund 14.000 Schutzplätze. Laut einer Statistik des Dachverbandes Frauenhauskoordinierung gab es 2023 lediglich Raum für rund 7.700 Personen. Allein diese Zahlen zeigen: Es wird Jahrzehnte dauern, bis die vorgegebene Zahl an Plätzen erreicht ist.

Offizielle Zahlen über jüngst neu gebaute oder erweiterte Frauenhäuser gibt es nicht. Auch die Frauenhauskoordinierung kann nicht mit Statistiken weiterhelfen: „Einen solchen Überblick haben wir nicht, weil wir als Bundesorganisation Einzelvorhaben der Länder beziehungsweise Träger nicht registrieren. Meldungen aus der Presse oder im Rahmen unserer Netzwerkarbeit erfassen wir nur vereinzelt und nicht repräsentativ“, sagte eine Sprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Vereinzelt gibt es in den Medien jedoch gute Nachrichten: So wurde zum Beispiel im November das 19. Frauenhaus in Rheinland-Pfalz im Eifelkreis Bitburg-Prüm an den Träger übergeben. Es beseitigt einen weißen Fleck auf der Landkarte und ist die erste Einrichtung, die zusammen vom Land und vier Landkreisen finanziert wurde.

Die Ampel-Koalition hat ein Gewalthilfegesetz beschlossen, wonach Frauen ein Recht auf Schutz und Beratung bekommen – allerdings erst ab dem Jahr 2032. Der Bund stellt den Ländern von 2027 bis 2036 insgesamt 2,6 Milliarden Euro zur Verfügung, damit sie den Ausbau der Hilfssysteme bewältigen können.

Doch die Frauenhauskoordinierung rechnet nicht damit, dass es unter der neuen Bundesregierung zügig weitergeht mit der Erhöhung der Platzzahlen in den Schutzeinrichtungen. „Aktuelle Fördermaßnahmen – außerhalb des Gewalthilfegesetzes – sind zwar dringend erforderlich, weil das Bundesinvestitions- und -innovationsprogramm 2024 ausgelaufen ist“, erläutert die Sprecherin. Doch aktuell eher seien eher Tendenzen zur Kürzung von Mitteln zu vernehmen, als dass die Übergangszeit bis 2027 einigermaßen überbrückt werde.

Die nordrhein-westfälische Gleichstellungsministerin Josefine Paul (Grüne) sieht das Gewalthilfegesetz als „historischen Meilenstein und echten Durchbruch.“ Dem epd sagt sie: „Der Staat muss sein Schutzversprechen für Frauen und Mädchen einlösen.“ Die Landesregierung wisse „um die Notwendigkeiten einer weiteren Stärkung der Gewalthilfestruktur“. Landesweit gibt es aktuell 70 Frauenhäuser mit 711 Schutzplätzen für Frauen und mehr als 750 Plätzen für Kinder (2018: 62 Häuser mit 578 Plätzen). Zuletzt wurde 2024 ein zweites, neu gebautes Frauenhaus in Gelsenkirchen in die Landesförderung aufgenommen.

In Hessen wurden mittels des beendeten Bundesinvestitionsprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ 2020 bis 2024 vier Projekte in den Städten Marburg, Gießen und Kassel sowie im Landkreis Darmstadt-Dieburg gefördert. Die Stadt Offenbach erhielt im Februar 2025 für den Bau eines neuen, barrierefreien Frauenhauses einen Förderbescheid des Landes über 1,3 Millionen Euro. Die Eröffnung ist den Angaben zufolge für 2026 geplant.

Der Magistrat in Darmstadt hat im März den Neubau des im Besitz der Stadt befindlichen Frauenhauses mit dann 17 Schutzplätzen an anderer Stelle beschlossen. Baubeginn soll Ende des Jahres sein, die Übergabe im Jahr 2026. „Ab 2027 ist mit zusätzlichen Mitteln aus dem auf Bundesebene beschlossenen Gewalthilfegesetz zu rechnen“, so Kämmerer André Schellenberg.

Doch ob das wirklich so kommt, ist offen. Dass der weitere Ausbau von Frauenhäusern vor allem langfristig am fehlenden Geld scheitern könnte, ist auch der Landesregierung in Hessen bewusst. Ein Sprecher sagte dem epd: „Die bis 2036 befristete finanzielle Beteiligung des Bundes, insbesondere für die Aufbauphase 2027 bis 2029, wird von den Ländern als zu gering eingeschätzt.“ Das und die fehlende Planungssicherheit über 2036 hinaus habe man gegenüber dem Bund bereits mehrfach signalisiert.