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Auf dem Friedhof geht’s ums Leben

Rüstzeit auf einer Kriegsgräberstätte – das ist eine Erfahrung, bei der die Soldaten häufig fürs Leben lernen. Militärpfarrer Bernd Kuchmetzki berichtet von der letzten Fahrt ins niederländische Ysselstyn.

Die Kriegsgräber­stätte Ysselsteyn in den Niederlanden
Die Kriegsgräber­stätte Ysselsteyn in den NiederlandenMilitärseelsorge

Rotenburg/Wümme: Es wird einem schon schaurig zumute, wenn man zwischen fast 32.000 Kreuzen steht. Gräber deutscher Soldaten und Zivilisten, so weit das Auge reicht. Das ist die Kriegsgräberstätte Ysselsteyn in den Niederlanden.

Die Deutsche Kriegsgräberfürsorge mit ihrer Jugendbildungsstätte kümmert sich darum. Viele Gruppen kommen hierher – Schüler, Senioren, Interessierte und auch Soldaten. Die Evangelische Militärseelsorge am Standort Rotenburg/Wümme hatte in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Soldaten (EAS) den Besuch in Ysselsteyn auf dem Programm. Sie hatte Soldaten zu einer Rüstzeit in die Niederlande und nach Belgien eingeladen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir auf dem Gräberfeld fürs Leben lernen. Unter jedem Grabstein liegt ein ganzes Leben begraben, genommen durch einen gewaltsamen Tod. Jeder Grabstein erzählt eine ganze Lebensgeschichte. Ein Leben, das verwoben war mit anderen Leben, Menschen und Schicksalen. In seinem Herzen wollte keiner sterben. Keiner wollte Krieg. Keiner wollte leiden – sondern einfach nur in Frieden leben! Doch es kam – mal wieder – anders. Wie so oft, wenn sich Menschen vom Bösen verleiten und leiten lassen. Wenn die dunkle Seite in uns Herz und Verstand vergiftet und überhand nimmt.

Mahnung zum Frieden

Und doch: „Jeder will leben inmitten von Leben, das auch leben will.“ Mit diesem bedenkenswerten Ausspruch des Arztes und Theologens Albert Schweitzer schickte ich die mitgereisten Soldaten bei einer Andacht am Lagerfeuer in den Abend.

Ysselsteyn steht als Symbol für die vielen zum Teil riesigen Kriegsgräberfriedhöfe auf der ganzen Welt. Kriegsgräberstätten mahnen zum Frieden. Die Militärseelsorge öffnet mit ihrer Arbeit den Blick dafür.

Ein weiterer Höhepunkt der Rüstzeit war ein Besuch beim „Gräberdienst des Königlichen Niederländischen Heeres“. Die kleine Spezialeinheit von Forensikern kümmert sich in ihrem Institut um die Identifizierung von internationalen Kriegstoten und um die Rückführung ihrer sterblichen Überreste in die jeweilige Heimat. „Ich wusste gar nicht, dass es sowas gibt“, sagte eine Soldatin erstaunt. „Ja, wir sind stolz darauf und freuen uns immer, wenn wir den Tod einer in den Kriegszeiten vermissten Person aufklären konnten, und wenn wir nach so vielen Jahrzehnten die sterblichen Überreste an die Familie in der Heimat zurückgeben können“, resümierte der Leiter des forensischen Instituts, Hauptmann Jonker.