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Archäologen: Funde aus NS-Zeit werden als “Zeitzeugen” wichtiger

Auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden residierte einst Adolf Hitler. Nun hat ein internationales Wissenschaftlerteam dort einen Appell zum Umgang mit Zeugnissen aus der NS-Zeit formuliert.

Drei Forschungseinrichtungen aus Bayern und Österreich haben ein Positionspapier zur Arbeit mit Gegenständen aus der Nazi-Zeit veröffentlicht. Das Dokument “Zum Umgang mit materiellen Zeugnissen aus der Zeit der NS-Diktatur in Bodendenkmalpflege und Archäologie” wurde am Mittwoch in der Dokumentation Obersalzberg vorgestellt. Das Papier haben Fachleute des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in München, des österreichischen Bundesdenkmalamtes in Wien und der Universität Wien erarbeitet. Sie fordern, Bodendenkmäler aus der NS-Zeit zu erhalten, zu erfassen, zu dokumentieren und zu erforschen.

Mathias Pfeil, Generalkonservator am Landesamt für Denkmalpflege, sagte: “Da kaum noch Zeitzeugen leben, gewinnen archäologische Funde als materielle Zeugen der Geschichte eine immer größere Bedeutung, um die Lebenswirklichkeit von Opfern und Tätern der NS-Zeit nachvollziehbar zu machen.”

Claudia Theune vom Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien ergänzte: “Auch in Zeiten der vielfältigen Überlieferungen durch Zeitzeuginnen und Zeitzeugen und von schriftlichen und bildlichen Dokumenten der jüngeren Vergangenheit besitzen Objekte ein zusätzliches hohes Potenzial, um etwa Strukturen von Macht und Terror der nationalsozialistischen Diktatur deutlich werden zu lassen.”

Der Obersalzberg oberhalb von Berchtesgaden war Adolf Hitlers Wahlheimat. Dort verbrachte der Diktator zwischen 1933 und 1945 rund ein Viertel seiner Amtszeit. In seinem Berghof entschied er im Kreis enger Vertrauter über Verfolgung, Krieg und Völkermord. Der Obersalzberg gilt damit neben Berlin als das wichtigste Machtzentrum der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Das Areal umfasste Anwesen für Hitler sowie für weitere NSDAP-Funktionäre wie Martin Bormann und Hermann Göring. Darüber hinaus wurde ein komplexes System aus Verwaltungsgebäuden, militärischen Anlagen, Wohnsiedlungen für das Personal sowie Bunker errichtet. Die Anlagen wurden während eines Luftangriffes der Alliierten am 25. April 1945 stark zerstört und ab 1951 teilweise abgebrochen.