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AOK: Krankschreibung per Telefon wird verantwortungsvoll genutzt

Die Krankenstände in Deutschland bewegen sich auf Höchstständen. Finanzminister Lindner hatte dies auf telefonische Krankschreibungen zurückgeführt. Dem widerspricht nun die AOK.

Die Krankenkasse AOK sieht anders als Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) keinen größeren Missbrauch der telefonischen Krankschreibung. “Diese gefühlte Wahrheit können wir nicht bestätigen”, sagte die AOK-Vorstandsvorsitzende Carola Reimann am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung des aktuellen “Fehlzeiten-Reports” des AOK-Bundesverbands und des Wissenschaftlichen Instituts der AOK. Auswertungen zu den Fehlzeiten in der Corona-Pandemie ließen den Schluss zu, dass mit der damals eingeführten telefonischen Krankschreibung verantwortungsvoll umgegangen worden sei, so Reimann.

Lindner hatte Mitte September angesichts von Krankenständen auf Rekordhöhe für die Abschaffung der telefonischen Krankschreibung plädiert. Für den hohen Krankenstand der vergangenen Monate und Jahre gebe es jedoch eine Vielzahl von Gründen, sagte Reimann. Die Krankschreibung per Telefon könne dagegen eine Möglichkeit sein, die Arztpraxen gerade in Infektionswellen zu entlasten und zu einer Verringerung von Kontakten mit erkrankten Menschen beizutragen.

Laut dem “Fehlzeiten-Report” der AOK bewegen sich die Krankschreibungen in diesem Jahr weiter auf Rekordniveau. Der Spitzenwert von 225 Arbeitsunfähigkeitsfällen je 100 erwerbstätigen AOK-Versicherten aus dem vergangenen Jahr ist demnach bereits bis zum August erreicht worden. Wesentlicher Treiber dieser Entwicklung seien nach wie vor Atemwegserkrankungen, hieß es.

Auch psychische Erkrankungen trügen dazu bei, da sie besonders lange Krankschreibungen verursachten. Dass diese Erkrankungen zugenommen haben, könne an Belastungen durch globale Krisen und Verdichtung in der Arbeitswelt sowie einer ständigen Erreichbarkeit von Beschäftigten liegen. Besonders betroffen von psychischen Erkrankungen waren laut dem Report Beschäftigte im Bildungsbereich, im Gesundheits- und Sozialwesen und in anderen kontaktintensiven Bereichen wie der öffentlichen Verwaltung.

Ein anderer möglicher Grund für den hohen Krankenstand kann laut den AOK-Experten die Einführung der elektronischen Krankmeldungen sein. Sie könnten dazu beitragen, dass die Bescheinigungen der Arbeitsunfähigkeit häufiger als zuvor erfasst werden. Für den “Fehlzeiten-Report” wurden die Daten von 15,1 Millionen AOK-Versicherten ausgewertet.