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Angriff vor Berliner Kirche: “Nein zu Rassismus!”

Der Ehemann einer Berliner Pfarrerin wird vor dem Pfarrhaus brutal zusammengeschlagen. Jetzt zeigen rund 500 Menschen ihre Solidarität. War Rassismus das Tatmotiv?

Etwa 500 Menschen zeigen in Berlin Solidarität mit dem angegriffenen Ehemann der Pfarrerin
Etwa 500 Menschen zeigen in Berlin Solidarität mit dem angegriffenen Ehemann der PfarrerinJürgen Bosenius

War der Platz vor der Kirche „Zum Vaterhaus“ im Berliner Viertel Baumschulenweg schon einmal so voller Menschen wie am Sonntagabend? Da waren rund 500 Menschen zu einer Kundgebung zusammengekommen.

Anlass war der brutale Angriff vor dem Pfarrhaus eine Woche zuvor auf Monir Khan, den Ehemann von Pfarrerin Carmen Khan. Monir Khan war in der Nacht von der Arbeit bei der Deutschen Bahn nach Hause gekommen und wurde direkt vor dem Eingang zum Gemeindehaus von mehreren Unbekannten ohne Vorwarnung brutal zusammengeschlagen. Er liegt im Krankenhaus, erlitt einen Nasenbeinbruch sowie mehrere Prellungen und Platzwunden.

Ehepaar vermutet rechtes Tatmotiv

Der aus Bangladesch stammende Mann und seine Frau vermuten ein rechtes Tatmotiv. Die Familie wohnt erst seit vergangenem September in dem Pfarrhaus. Carmen Khan, die zuvor Flüchtlingspfarrerin in der Flüchtlingskirche war, sagte dem Tagesspiegel, ihr Mann hätte sich schon zuvor am neuen Wohnort unsicher gefühlt. Kurz vor dem brutalen Angriff auf Khan gab es zudem auf dem Kirchenvorplatz einen Polizeieinsatz gegen eine Gruppe pöbelnder Männer, ihre Personalien wurden festgestellt.

Nach dem Angriff erfahren die Berliner Pfarrerin Carmen Khan und ihr Ehemann Unterstützung
Nach dem Angriff erfahren die Berliner Pfarrerin Carmen Khan und ihr Ehemann UnterstützungEKBO / Joram Bick (Archiv)

Zu der Kundgebung hatten das bezirkliche Bündnis für Demokratie und Toleranz sowie der Kirchenkreis aufgerufen. Der Aufruf war aber auch in mehreren Internetgruppen des Viertels verbreitet worden, so dass sehr viele Menschen aus der Nachbarschaft kamen, um ihre Betroffenheit und Solidarität auszudrücken. Auch Vertreter von SPD, Grünen und Linken waren dabei, die CDU fehlte. Carmen Khan war dabei, sprach aber nicht.

Bischof Stäblein nach Angriff: Hass schadet der Seele

Bischof Christian Stäblein und Superintendent Hans-Georg Furian versicherten der Familie Khan die Solidarität ihrer Kirche. „Wir sagen Nein zu Rassismus und wir sagen Ja zu allen Menschen, die hierher gekommen sind“, so der Bischof. „Hass schadet der Seele, Liebe tut ihr gut. Das verteidigen wir. Wir stehen für ein friedliches Miteinander der Religionen.“

Superintendent Furian sagte, die unverletzliche Würde von Monir Khan sei angegriffen worden. „Das lassen wir nicht zu, denn wir alle sind geliebte Geschöpfe Gottes. Wir lassen auch nicht zu, dass man einen Keil treibt zwischen diejenigen, die für die völkischen Nationalisten hierher gehören, und die, die für sie nicht hierher gehören.“

Wird Gegend zum Treffpunkt für rechte Szene?

Treptow-Köpenicks Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) sprach von einem Angriff auf unser Zusammenleben, zu dem Gewalt nicht gehöre. „Wir müssen etwas tun, dass Menschen unabhängig von ihrer Hautfarbe ungefährdet zur Arbeit, zur Schule und nach getaner Arbeit auch wieder nach Hause kommen können.“

Mehrere Nachbarinnen und Nachbarn, die spontan das Wort ergriffen, machten dazu Vorschläge: Der Platz vor der Kirche, immerhin ein zentraler Platz im Ortsteil, müsse sich wieder „mit unserem Leben“ füllen, so eine Frau. Derzeit halten sich dort vermehrt junge Menschen auf, die von manchen in der Nachbarschaft der rechten Szene zugeordnet werden. An die zahlreich erschienenen Politiker appellierte sie, das mit Genehmigungen und Projektgeldern zu ermöglichen. Lars Düsterhöft vom bezirklichen Bündnis für Demokratie und Toleranz sagte, bisher sei es noch eine Vermutung, dass sich die Gegend zu einem Treffpunkt der rechten Szene entwickelt hat. Da müsse Aufklärung geleistet werden.