Nach dem Bruch der Ampel mahnt der Bundespräsident die Politik dazu, der Größe der Herausforderungen gerecht zu werden. Es sei “keine Zeit für Taktik und Scharmützel”. Auch Religionsvertreter rufen zum Zusammenhalt auf.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mit Blick auf das Ende der Ampel zu Vernunft und Verantwortung aufgerufen. Viele Menschen blickten mit Sorge auf eine unsichere Lage, sagte Steinmeier am Donnerstag in Berlin. Es sei nicht die Zeit für “Taktik und Scharmützel”. Die Verfassung habe Vorsorge getroffen für eine solche Situation. “Es ist das Ende der Koalition, nicht das Ende der Welt”, so der Bundespräsident. Er erwarte von allen Verantwortlichen, dass sie der Größe der Herausforderungen gerecht würden.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, äußerte sich zum Bruch der Ampel-Koalition. Es brauche jetzt gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität. Zudem sei die Kunst des politischen Kompromisses notwendig. “Dieses Vertrauen habe ich in die Politik.”
Der Leiter des Katholischen Büros, Prälat Karl Jüsten, sagte, es gehe jetzt darum, den Übergang zu Neuwahlen zu gestalten und die politische Handlungsfähigkeit in einer schwierigen weltpolitischen Lage zu bewahren. Der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte er weiter, es gelte, sorgsam zu prüfen, welche Vorhaben keinen Aufschub duldeten und in den nächsten Wochen in einem geordneten Prozess durch den bestehenden Bundestag noch verabschiedet werden müssten. Hier stünden auch die Oppositionsfraktionen in der Verantwortung.
Zudem warb er für mehr Zusammenhalt. Im Sinne des Gemeinwohls und des gesellschaftlichen Zusammenhalts sollten Polarisierungen nicht weiter zunehmen, so Jüsten. Notwendig seien die Bereitschaft zum Kompromiss sowie eine angemessene Sprache. Auch Medien täten gut daran, die Politik in diesem Sinne die kommenden Wochen konstruktiv zu begleiten und so auch einen Beitrag zur Handlungsfähigkeit der politischen Akteure und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in der jetzigen Situation zu leisten.
Zugleich würdigte Jüsten die geleistete Arbeit der Bundesregierung. Sie habe mit dem seit bald drei Jahren andauernden Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und immer dringlicher werdenden Transformationsprozessen vor immens hohen Herausforderungen gestanden. Es seien in dieser Zeit einiges auf den Weg gebracht und wichtige Weichen gestellt worden, “etwa in der Friedens- und Sicherheitspolitik, in der Energiepolitik, bei der Bewältigung des Klimawandels, in der Arbeitsmarkt und Sozialpolitik”.
Die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs appellierte an die Verantwortlichen, im Dienst für das Gemeinwohl zu handeln. “Unser Land braucht einen Diskurs, der nicht polarisiert, sondern Maß und Mitte hält”, so die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Kirche werde diesen Diskurs aufmerksam begleiten und mitgestalten. “Wir beten in dieser Zeit des Umbruchs für Weisheit und Mut bei den politisch Verantwortlichen. Zugleich sind wir sicher, dass unsere Demokratie auch diese Herausforderung gut bestehen wird.”
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, betonte, er halte auch die Frage nach dem “Was bedeutet das für mich?” für zulässig. Er halte das “nicht nur für zutiefst menschlich, sondern für notwendig”, schreibt er in einem Gastbeitrag für die “Jüdische Allgemeine”. “Wer das Gefühl hat, dass die Sorge um sich selbst und um seine Familie anerkannt ist, der wird auch Verantwortung für andere übernehmen.”
Weiter rief Schuster “alle politischen Kräfte” auf, “auch verbal abzurüsten”. Das werde auch für den bevorstehenden Wahlkampf wichtig sein. In der Demokratie gebe es keine ideologischen Abkürzungen. Wenn einer solchen Vereinfachung nachgegeben werde, werde sich das gesellschaftliche Miteinander zu einem ideellen und materiellen Wettkampf einzelner Gruppen entwickeln.