Es ist kein normaler Beitrag in Trumps ohnehin schon nicht normalem Netzwerk Truth Social. Liz Cheney, eine der letzten republikanischen Widersacherin Trumps, gehöre vor ein „Militärgericht“, schrieb jemand – und der ehemalige Präsident teilte den Beitrag prompt.
Militärgerichte sind vor allem aus Diktaturen bekannt, weil ihre Rechtssprechung so schön parallel zum eigentlichen Rechtssystem läuft. Deshalb zeigt der Beitrag leider ziemlich deutlich, wohin sich die USA bewegen: weg von der Demokratie, hin zu einem autokratischen System, jener Herrschaftsform, in der ein Staatsführer ohne jegliche Kontrolle an der Macht sitzt.
Supreme Court als Wegbereiter für die Autokratie
Diese Entwicklung wird beschleunigt von einem Urteil des Supreme Court. Ein US-Präsident genießt Immunität für alle „offiziellen Handlungen“, urteilen die obersten Richter des Landes. Praktisch im Nachgang stellte Trump die konservative Mehrheit des Gerichts so einen Freibrief für den Aufstand vom 6. Januar 2021 am Capitol aus, schließlich war ja alles, was damals passierte, eine „offizielle Handlung“. Zu Recht spricht eine der demokratischen Richterinnen des Obersten Gerichtshofs davon, dass der Präsident jetzt zum König werde. Und man mag sich gar nicht ausmalen, wie Trump das Urteil in einer zweiten Amtszeit ausnutzen würde. Schließlich hat er schon unverhohlen angekündigt, seine politischen Gegner bestrafen zu wollen.
Das Urteil ist auch aus zwei anderen Gründen alarmierend. Zum einen zeigt es, was die rechte Mehrheit des Gerichts in Zukunft vorhat: erzkonservative Positionen ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen. Das hat zuletzt ein Urteil zu Abtreibungen angedeutet. Weil die Richter auf Lebenszeit im Supreme Court sitzen, dürfte die konservative Rechtssprechung noch Jahrzehnte dauern.
Zum anderen hat der oberste Gerichtshof des Landes mit seiner Formulierung von der „offiziellen Handlung“ dafür gesorgt, dass sich die Gerichtsprozesse gegen Trump verzögern. Jetzt müssen Juristen erst einmal klären, was eigentlich offiziellen Handlungen sind. Und falls Trump tatsächlich ab Januar wieder im Weißen Haus sitzt, wird er sich selbst begnadigen. Das ist zwar umstritten, dürfte ihm aber von willfährigen Richtern abgesegnet werden.
Politisches System braucht Reformen
Was ist also zu tun? Langfristig muss das politische System der USA reformiert werden, in erster Linie das Wahlrecht. Jeder Bundesstaat kocht sein eigenes Süppchen, und besonders republikanische Bundesstaaten tun alles, um demokratischen Wählern die Stimmabgabe zu erschweren. Auch die Amtszeit der Richter am Supreme Court gehört begrenzt. Leider wirken solche Reformen angesichts der Spaltung im Land wie eine Utopie, auch wenn sie noch so dringend nötig sind.
Kurzfristig muss das Ziel sein, eine zweite Amtszeit des Möchtegern-Diktators Trump zu verhindern. Nach Bidens Debatten-Debakel ist aber mehr als fraglich, ob der amtierende Präsident das schaffen kann.