Die neue Ausstellung „Altona – Theresienstadt. Die Lebenswege von Leon Daniel Cohen und Käthe Starke-Goldschmidt“ startet am Mittwoch im Altonaer Museum in Hamburg. „Zu erleben sind zwei Beispiele von Menschen aus Altona, die jüdischer Abstammung waren“, sagte Vanessa Hirsch, Fachbereichsleiterin der Sammlung am Altonaer Museum am Dienstag. Durch Papiere, Postkarten und Bilder könnten ihre Lebenswege nachvollzogen werden.
Trotzdem bleiben sie Beispiele. „Es soll sich vorgestellt werden, wie viele andere Menschen es in Altona gab, die ähnliches erlebt haben. Aber deren Geschichte wir eben nicht kennen.“ Erarbeitet wurde die Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem deutschen Freundeskreis Yad Vashem, der sich seit 1997 für die Erinnerung an den Holocaust einsetzt. Das Projekt wird von Rahmenveranstaltungen begleitet und ist bis zum 12. Mai 2025 zu sehen.
Ein Holzschrein, in dem normalerweise Thorarollen in einer Synagoge aufbewahrt werden, steht im Mittelpunkt der Ausstellung. Der ein Meter hohe Schrein ist mit Schnitzmustern, einem Stern, Ornamenten und Symbolen verziert. So richtig besonders mache den Schrein aber seine weite Reise, sagte Hirsch. „Leon Daniel Cohn aus Altona hat den Schrein geschnitzt und er war ihm so wichtig, dass er ihn bei seiner Deportation mit nach Theresienstadt nahm.“
Nachdem Cohn und seine Familie ermordet wurden, blieb der Thoraschrein erhalten. Er wanderte nach Südafrika, kam 1981 nach Israel und wurde dort an die Sammlung Yad Vashem übergeben. Jetzt ist er für die Ausstellung als Leihgabe zurück an seinem Entstehungsort Altona und zeugt von Cohens Leben.
Leon Daniel Cohen war im ersten Weltkrieg Soldat, wurde verwundet und ausgezeichnet. Später führte er in Altona ein Geschäft für Leder und Schuhmacherbedarfsartikel in der Lerchenstraße, wo er auch mit seiner Frau Adele und den 1935 und 1936 geborenen Kindern Daniel und Betty wohnte. 1942 wurde Cohen mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert und ermordet. „Auch wenn man das Gefühl bekommt, Leon Daniel ein bisschen besser kennen gelernt zu haben, bleiben viele Fragen offen“, sagte Hirsch.
Die Ausstellung um Cohen und den Thoraschrein wird von der Lebensgeschichte Käthe Starke-Goldschmidts ergänzt. Auch sie wurde von Altona nach Theresienstadt deportiert. „Durch Käthe wissen wir exemplarisch, wie es Menschen in Theresienstadt erging“, berichtete Hirsch. Sie habe es geschafft viele Papiere, von Deportationsbescheiden bis hin zu persönlichen Briefen, zu sammeln und zu erhalten. Dazu kämen von den Insassen Theresienstadts gezeichnete Bilder, die Starke-Goldschmidt zusammentragen konnte. Diese Exponate würden viele Wissenslücken beispielhaft füllen – auch in Cohens Leben.
„Ich fühle mich überwältigt. Man denkt, dass mit der Shoa alles vernichtet wurde“, sagt Ruth Ur, Geschäftsführerin des Freundeskreises Yad Vashem. Es sei unglaublich Vieles verloren gegangen. Ur: „Aber es gibt noch Spuren. Es gibt nur wirklich wenig Menschen, die bereit sind, diesen Spuren nachzugehen.“ Die Ausstellung sei „mühsame Detektivarbeit“ gewesen. Dank des Exponates aus Yad Vashem in Israel würden jetzt die Spuren einer Familie erkennbar, die jahrhundertelang in Altona ansässig war und eine wichtige Rolle in der jüdischen Gemeinde spielte.
„Ich hoffe, dass diese Geschichten von Menschen aus Altona den Menschen aus Altona nahe gehen“, fasst Ur ihren Wunsch für die Ausstellung zusammen. Sie möchte, dass ein Bild, ein Brief oder auch nur ein Satz die Leute wirklich trifft. „Wir können nicht erwarten, dass Menschen einfach Geschichte lernen. Es ist schwer zu begreifen, wie groß diese Tragödie war. Es liegt an kleinen Sätzen und Details, das greifbar zu machen.“
Der Thoraschrein ist Teil der Ausstellung „Sechzehn Objekte – Siebzig Jahre Yad Vashem“, die im Januar 2023 anlässlich des 70. Gründungstages der internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem in Israel entstand. Die Sammlung zeigt 16 Objekte aus Yad Vashem, die jeweils einem deutschen Bundesland zugeordnet werden konnten und dort als Leihgabe Geschichten und Schicksale repräsentieren.