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Alter Killer: Tuberkulose ist gefährlichste Infektionskrankheit

Tuberkulose – früher in Deutschland als Schwindsucht bezeichnet – ist eine Geißel der Menschheit. Dabei ist TB mittlerweile heilbar. Wenn die Gesundheitssysteme funktionieren und genügend Geld da ist.

Sie galt als Schreckgespenst des 19. Jahrhunderts. Auch in Europa. Um 1880 war im deutschen Kaiserreich jeder zweite Todesfall bei jüngeren Erwachsenen (15 bis 40 Jahre) der Tuberkulose geschuldet. Fabrik- und Bergarbeiter hatten dabei ein bis zu achtmal höheres Risiko, an TB zu sterben, als Bankbeamte, Lehrer und Ärzte.

Die Tuberkulose ist aber auch heute noch längst nicht ausgerottet. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist ein Viertel der Weltbevölkerung mit dem Erreger infiziert – meist ohne davon zu wissen. Denn nur bei jedem zehnten Infizierten bricht TB aus.

Dennoch: Im vergangenen Jahr erkrankten weltweit 10,8 Millionen Menschen neu an TB, 1,25 Millionen starben, wie der am Dienstag in Genf veröffentlichte Welttuberkulosebericht der WHO analysiert. Zwar sind die Todeszahlen nach einem Anstieg während der Corona-Pandemie wieder rückläufig. Doch Tuberkulose bleibt die tödlichste Infektionskrankheit weltweit.

Tuberkulose, lange auch als Schwindsucht bezeichnet, begleitet die Menschheit schon von Anfang an. Ein uralter Killer. Forscherinnen und Forscher fanden Belege dafür in den Skelettüberresten prähistorischer Menschen und in Mumien des antiken Ägyptens.

Dabei verbanden sich mit der Tuberkulose ganz unterschiedliche Gesellschaftsbilder. Thomas Manns in einem Sanatorium in Davos spielender Roman “Zauberberg”, der vor genau 100 Jahren veröffentlicht wurde, spielt mit der Tuberkulose als Krankheit der Reichen und Intellektuellen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde TB aber auch als proletarische Krankheit beschrieben, weil sie sich insbesondere in den großen Städten ausbreitete, wo die Menschen auf engstem Raum und unter schrecklichen hygienischen Bedingungen zusammenlebten, etwa in Berlin und im Ruhrgebiet.

In den 1970er-Jahren galt die Tuberkulose als die “besiegte Krankheit”, in den 1990er-Jahren als die “Krankheit von Randgruppen”, weil viele Aids-Kranke daran starben. Weil die Zahl der Erkrankungen in den 90ern durch Flüchtlingsbewegungen, Auswanderung, Krieg und Armut weltweit erneut ein bedrohliches Ausmaß annahm, erklärte die WHO die Tuberkulose 1993 zum weltweiten Notfall. Heute sind vor allem Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen und schlechten Gesundheitssystemen betroffen. Über die Hälfte aller Erkrankungen werden in 5 Ländern registriert: in Indien (26 Prozent), Indonesien (10 Prozent), China (6,8 Prozent), den Philippinen (6,8 Prozent) und Pakistan (6,3 Prozent).

Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen Mediziner und Wissenschaftler den Krankheitserregern auf die Schliche. 1865 bewies der französische Militärarzt Jean Antoine Villemin die Übertragbarkeit der Krankheit – er infizierte Rinder durch Injektionen mit tuberkulösem Eiter. Und schließlich erfand der Mediziner und Mikrobiologe Robert Koch 1882 ein Verfahren, mit dem es erstmals gelang, den bakteriellen Erreger der Tuberkulose darzustellen, zu vermehren und als ursächlichen Keim für die Krankheit zu beschreiben.

Für die Entdeckung der Tuberkulose-Bazillen erhielt Robert Koch 1905 den Nobelpreis für Medizin. Wirksame Medikamente gab es damit allerdings noch nicht. Erst 1943 entwickelten Wissenschaftler in den USA das Antibiotikum Streptomycin als ersten Wirkstoff gegen TB.

In den vergangenen Jahren wurden beachtliche Erfolge bei der Bekämpfung der Krankheit erzielt. Es wurden neue Diagnosemethoden entwickelt, Behandlungsverfahren wurden deutlich verkürzt. Die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Standardtherapie besteht aus der Einnahme von vier Medikamenten über einen Zeitraum von sechs Monaten. Die Erfolgsquote steigt dabei deutlich, wenn die Patienten durch speziell ausgebildete Helfer betreut und ermuntert werden, die Therapie trotz der oft unangenehmen Nebenwirkungen durchzustehen.

In manchen Gesundheitssystemen ist das nicht leistbar. Außerdem entwickeln die Erreger immer öfter Resistenzen, so dass die bisher bewährten Medikamente nicht mehr wirken. Wissenschaftler erhoffen sich insbesondere Fortschritte durch eine wirksame Impfung.