In der Alten Synagoge Essen befasst sich ab Dienstag eine Ausstellung mit der Geschichte der jüdischer Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion. Unter der Überschrift „Freiheit in der Ferne – Die Koffer sind ausgepackt“ geht es bis voraussichtlich Februar kommenden Jahres um die politischen Rahmenbedingungen 1991 und die Ankunft der Menschen in einer neuen Kultur, wie die Veranstalter mitteilten. Vor 30 Jahren kamen die ersten jüdischen Ausreisenden aus der Sowjetunion im Rahmen eines von der Bundesregierung festgelegten Kontingents nach Deutschland
Während in der Zeit der UdSSR Religionsausübung in jedweder Form unterdrückt wurde, erstarkten mit dem Zusammenbruch des Systems antisemitische Vorurteile, wie es hieß. In den Nachfolgestaaten der Sowjetunion fühlten sich viele Jüdinnen und Juden zunehmend bedroht und wurden insgesamt stark in allen Belangen der beruflichen und privaten Entwicklung reglementiert.
1991 traten im wiedervereinigten Deutschland neue Gesetze in Kraft, die den Zuzug von Jüdinnen und Juden aus den Ländern der UdSSR möglich machten. Viele nutzten diese Chance auf einen Neuanfang. Oft wurden sich Menschen im Zuge der Auswanderung erst ihrer jüdischen Wurzeln und Identitäten bewusst. Im neuen Land erwartete sie jedoch ein Kulturschock. Neben den alltäglichen Herausforderungen wie Spracherwerb, Wohnung, Arbeit, Kinderbetreuung oder Sorge um Zurückgebliebene verlangte auch die freiheitlich-liberale Gesellschaftsform nach einer individuellen Neuorientierung, erläuterten die Ausstellungsmacher.
Als Kontingentflüchtlinge werden Menschen bezeichnet, die von einem Staat aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen aus Krisengebieten aufgenommen werden, ohne dass sie einen Asylantrag stellen müssen. Die Einwanderung von jüdischen Kontingentflüchtlingen nach Deutschland dauerte bis Ende 2004. 2003 bis Anfang 2004 wanderten nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung mehr Juden aus der ehemaligen UdSSR nach Deutschland als nach Israel aus: 19.000 kamen nach Deutschland und 11.000 nach Israel.
Im Januar 2005 trat in Deutschland das neue Zuwanderungsgesetz in Kraft. Die jüdische Einwanderung nach Deutschland als „Kontingentflüchtlinge“ endete. Seit 2005 können Juden nach einer Art Punktesystem einwandern und müssen dafür etwa Deutschkenntnisse, einen Arbeitsplatz und die Zusage, Mitglied in einer jüdischen Gemeinde werden zu können, nachweisen.