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Als “Bauernjörg” eine Blutspur durch Süddeutschland gezogen

Mit den Schrecken des Bauernkriegs vor 500 Jahren war auch der Truchsess Georg III. von Waldburg-Zeil (1488 – 1531), rücksichtsloser Militär und Befehlshaber der adeligen Streitmacht, hautnah konfrontiert. Als er 1525 von Stuttgart aus zu seinem Schloss in Bad Waldsee zurückkehrte, fürchtete er, seine Frau Maria und seine drei kleinen Kinder nur noch als Leichen wiederzusehen, zu Tode gebracht von den aufständischen Bauern. Mit großer Erleichterung fand der Berufssoldat seine Familie höchst lebendig im Rathaus in Bad Waldsee.

Die Stadt hatte Mutter und Kinder kurzerhand aus ihrem Schloss außerhalb der Stadtmauer in das geschützte Rathaus evakuiert. Aus Dankbarkeit erließ der Truchsess der Stadt Auflagen und Beschwernisse, wie Abgaben und Steuern, die einer seiner Vorfahren der Stadt auferlegt hatte. Dieses handschriftliche Schreiben Georgs findet sich in einer kleinen Ausstellung im Rathaus Bad Waldsee, die am Sonntag (4. Mai) zum ersten Mal öffentlich zu sehen sein wird.

Im Bauernkrieg hatte Georg von Waldburg-Zeil für die entscheidende Wende gesorgt. Ausgelöst durch immer größere Beschwernisse, soziale Not, wachsender Willkür der adeligen Grundherren und dem Freiheitsbegriff der Reformation Martin Luthers hatten sich vor allem die leibeigenen Bauern in ganz Süddeutschland zu bewaffneten „Haufen“ zusammengetan.

Ihre Forderungen wollten die Bauern zunehmend auch mit gewaltsamen Mitteln, wie Brandschatzung und Plünderung von Schlössern und Klöstern, Nachdruck verleihen. Alarmiert durch diese Entwicklung stellte der „Schwäbische Bund“, in dem sich Fürsten, Adelige und Reichsstädte zusammengeschlossen hatten, ein Landsknechtsheer zusammen. Zum „Feldhauptmann“ wurde Georg von Waldburg-Zeil ernannt, der sich vor allem als „Problemlöser“ bewährt hatte, wie der Bad Waldseer Stadtarchivar Michael Wild vor Journalisten erläuterte.

Seiner neuen Aufgabe wurde der Truchsess äußerst erfolgreich gerecht, er zog eine massive Blutspur durch Süddeutschland und vernichtete in mehreren Schlachten die verschiedenen Bauernhaufen. Kriegsentscheidend war vor allem der geschickte Einsatz der Reiterei, die Panik in den zahlenmäßig weit stärkeren Bauernheeren auslöste. Insgesamt forderte der Bauernkrieg an die 100.000 Todesopfer, fast ausschließlich unter den aufständischen Bauern.

Die Historiker sind sich einig, dass durch einen erfolgreichen Bauernaufstand die europäische Geschichte gänzlich anders verlaufen wäre, denn an die Stelle eines adeligen Feudalsystems wäre bereits weit vor der Französischen Revolution eine demokratische, auf den Menschen- und Freiheitsrechten basierende Gesellschaftsordnung getreten.

Neben militärischer Stärke setzte Georg von Waldburg-Zeil ganz pragmatisch aber auch auf Diplomatie und Verhandlungen. So beendete er beispielsweise im April 1525 die militärische Auseinandersetzung mit den Bodenseebauern, dem „Seehaufen“, mit einem Vertrag, weil die Bauern, verschanzt in der Stadt Weingarten, eine wesentlich bessere Position hatten.

Diese Verhandlungslösung stieß bei dem „Schwäbischen Bund“ auf Kritik, seine Vorgesetzten vom „Schwäbischen Bund“ warfen dem Truchsess vor, seine Kompetenzen überzogen zu haben und zu nachsichtig mit den aufständischen Bauern umgegangen zu sein.

Eine eindeutige Bewertung des Truchsess, der als „Bauernjörg“ in die Geschichte einging, ist nach Einschätzung von Archivar Wild nicht einfach: Denn als Feldhauptmann ging Georg von Waldburg zwar mit äußerster Härte gegen die aufständischen Bauern vor, in seinem eigenen oberschwäbischen Herrschaftsbereich nahm er indes zentrale Forderungen der Bauern auf: Sie konnten sich von der Leibeigenschaft freikaufen, und so nach eigenem Willen zu heiraten und ihren Besitz zu vererben.

In den verschiedenen Ausstellungen zum Jubiläum des Bauernkriegs ist der Truchsess eine zentrale Figur und taucht bei der Großen Landesausstellung in Bad Schussenried auch als eine KI animierte Figur auf. Außerdem erinnern Straßennamen in Weingarten, Waldburg und Bad Waldsee an den Bauernjörg. Beerdigt ist der Truchsess an seinem Geburtsort, in der nicht zugänglichen Gruft der Waldburger Fürsten in der Stiftskirche von Bad Waldsee. (1000/02.05.2025)