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Alleinerziehende fordern Grundsicherung für Kinder

Berlin – Angesichts des unverändert doppelt so hohen Armutsrisikos von Ein-Eltern-Familien im Vergleich mit der übrigen Bevölkerung fordert der Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter eine Grundsicherung für Kinder. „Die Unterstützung für Alleinerziehende muss einheitlicher gestaltet werden“, sagte die Vorsitzende Erika Biehn. Darin könnten alle Leistungen gebündelt werden.
Vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Zahlen zeigen, dass Alleinerziehende es weiterhin schwerer haben als andere Familien – und ihre Zahl steigt seit 20 Jahren stetig. Im Jahr 2017 waren es 1,5 Millionen. Das ist fast jede fünfte Familie mit mindestens einem minderjährigen Kind.
Aktuell sei die Organisation der Unterstützung kompliziert und büro­kratisch, kritisierte Biehn. Die Wirksamkeit könne deutlich verbessert werden. Zwar seien staatliche Unterstützungen wie die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses für Kinder bis zum 18. Lebensjahr oder die Anhebung des Kinderfreibetrags positive Entwicklungen. Nähmen Alleinerziehende das in Anspruch, könne es aber an anderer Stelle, etwa beim Wohngeld, zu Kürzungen kommen. Deshalb bleibe die Gefahr, in die Armut abzurutschen, weiterhin hoch.
Um die Situation der Alleinerziehenden zu verbessern, seien zudem weitere Modellversuche zur Kinderbetreuung wichtig, sagte Biehn. So könnten Alleinerziehende etwa mit einer von den Betrieben unterstützten Tagespflege gefördert werden. Wenn sie aber einen großen Teil ihres Gehalts wieder für die Kinderbetreuung ausgeben müssten, sei der Anreiz zu arbeiten gering. „Viele alleinerziehende Mütter gehen eher nicht arbeiten, wenn am Ende kein Gewinn dabei rauskommt. Dann kümmern sie sich lieber ganz um die Kinder“, sagte Biehn.
Auch Varianten der ergänzenden Betreuung, etwa in den frühen Morgen- oder den späten Abendstunden, seien für viele Alleinerziehende wichtig. Es müssten mehr Möglichkeiten geschaffen werden, die Kinder auch im Notfall und außerhalb der üblichen Bürozeiten versorgt zu wissen, sagte Biehn. Solche Modellversuche würden aber häufig nicht weitergeführt, weil kein Geld vorhanden sei oder die Dringlichkeit „in den Köpfen noch nicht angekommen ist“.
Die Familienpolitikexpertin der Diakonie, Ulrike Gebelein, sagte, auch bei der Integration in den Arbeitsmarkt bräuchten Alleinerziehende mehr Unterstützung. Ihr Alltag konfrontiert sie „mit vielen Herausforderungen“. Projekte hätten gezeigt, dass es mit intensiven Begleitungsangeboten durchaus gut möglich sei, Alleinerziehende wieder in Arbeit zu bringen. „Hier müssten schon die Jobcenter mehr Beratung anbieten“, forderte Gebelein.
Die rheinland-pfälzische Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) will gemeinsam mit Ressort-Kollegen aus mehreren anderen Bundesländern einen neuen Anlauf für die Einführung einer Kindergrundsicherung starten. Jedes Kind solle einen monatlichen Festbetrag zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten, der „deutlich höher als das Kindergeld“ ausfallen müsse, sagte Spiegel in Mainz. Details und insbesondere die Höhe der Sozialleistung würden derzeit noch diskutiert und sollten im Herbst öffentlich gemacht werden. Ziel sei es, wirksam gegen Kinderarmut vorzugehen. epd/UK