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AfD-Kontakte im Verfassungsschutz: Behörde hat keine Auskunftspflicht

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) muss laut einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster der Presse nicht darüber Auskunft geben, ob Behördenmitarbeiter Kontakte zur AfD vor Einstufung der Partei als sogenannter Prüffall im Jahr 2019 hatten. Das geltend gemachte Interesse der Öffentlichkeit am Erhalt der begehrten Auskünfte wiege in diesem Fall weniger schwer als die Vertraulichkeitsinteressen des BfV, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (AZ:15 B 52/23). Damit wurde eine Beschwerde des Berliner „Tagesspiegels“ gegen einen vorangegangen Beschluss abgewiesen.

Hintergrund war ein mehrjähriger Rechtsstreit zwischen der Tageszeitung und der in Köln ansässigen Behörde. Anlass der Recherche-Anfrage Anfang 2019 waren laut „Tagesspiegel“ die Kontakte des früheren Präsidenten des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, zu AfD-Funktionären. In dem Zusammenhang war bekannt geworden, dass die Behörde sich Aufklärung über weitere mögliche AfD-Verstrickungen seiner Beschäftigten über ein „internes Informationsschreiben“ plus Beratungsangebot verschaffen wollte.

Nachdem die Ergebnisse dieser internen Umfrage nicht öffentlich mitgeteilt wurden, reichte der „Tagesspiegel“ einen Eilantrag auf Grundlage des presserechtlichen Auskunftsanspruchs beim zuständigen Verwaltungsgericht Köln ein. Ein Großteil der acht Fragen, etwa ob und mit welcher Begründung das interne Schreiben verschickt worden sei, wurden beantwortet. Jedoch verweigerte die Behörde die Antworten zu Reaktionen von Mitarbeitenden auf das Schreiben und mögliche Feststellungen bei Sicherheitsüberprüfungen des Personals.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes NRW stimmte den damaligen Bedenken des Verfassungsschutzes zu. Für die Erfüllung dieser Aufgabe sei „ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Amtsangehörigen unabdingbar“, heißt es in dem Beschluss des 15. Senats des OVG vom 10. März. Denn bei ihrer Arbeit seien Geheimschutzbeauftragte in besonderem Maße darauf angewiesen, dass Informationen freiwillig zur Verfügung gestellt würden, um etwaigen Sicherheitsrisiken zu begegnen und den Betroffenen entsprechende Hilfestellungen geben zu können.

Das Gewicht der Vertraulichkeitsinteressen des Verfassungsschutzes habe sich durch die Beobachtung der AfD als Verdachtsfall nicht verringert, hieß es weiter. Für die Behörde habe sich damals die Frage gestellt, „ob einzelne Amtsangehörige des BfV durch Kontakte zu Mitgliedern der AfD oder eine eigene Mitgliedschaft bei der AfD in sicherheitsrelevante Konfliktsituationen geraten könnten“. Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar.

Mittlerweile werden Informationen, wie sie der „Tagesspiegel“ für die Jahre 2017 bis 2019 angefragt hatte, routinemäßig im Lagebericht „Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden“ zusammengetragen. Wie der Verfassungsschutz auf Anfrage der Zeitung mitteilte, sind seit 2019 in zwei Fällen Ermittlungen eingeleitet worden.