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Ärzte ohne Grenzen: Arbeitssituation im Gaza-Streifen “ein Albtraum”

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen Deutschland fordert einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand im Gaza-Streifen. Die Situation vor Ort sei „gelinde gesagt ein Albtraum“, sagte Geschäftsführer Christian Katzer am Samstag im WDR5-„Morgenecho“. Die Lage sei sehr angespannt. Bei einem israelischen Luftangriff Anfang der Woche waren sieben Mitarbeitende der Hilfsorganisation World Central Kitchen getötet worden.

Dieser Angriff sei kein Einzelfall. „Wir sehen immer wieder ganz klar Angriffe auf medizinische Einrichtungen“, betonte Katzer. „Seit Beginn des Krieges sind fast 200 Mitarbeitende von Hilfsorganisationen getötet worden, darunter auch fünf Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen.“ Entweder seien die Angriffe der israelischen Armee Absicht oder „rücksichtslose Inkompetenz“, kritisierte der Geschäftsführer. Denn mit allen Konfliktparteien sei abgesprochen, mit welchen Fahrzeugen Hilfsorganisationen unterwegs und wo sie tätig seien.

Mit Blick auf die Hamas forderte Katzer alle am Konflikt Beteiligten auf, Krankenhäuser nicht als militärische Basen zu nutzen. Medizinische Einrichtungen könnten nur funktionieren, wenn ihr neutraler Schutzstatus von allen akzeptiert werde. Medizinische Einrichtungen und humanitäre Helfer hätten einen besonderen Schutzstatus unter dem internationalen Völkerrecht. „Und dieser Schutzstatus muss von allen am Konflikt Beteiligten anerkannt werden und eingehalten werden, sonst ist eine effektive Arbeit und Unterstützung der zivilen Bevölkerung nicht möglich“, betonte er.

Der Krieg im Gaza-Streifen begann nach einem Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober in Israel, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und über 250 weitere verschleppt wurden, von denen mehr als 100 noch immer in Geiselhaft sind. Als Reaktion überzog Israel den Gaza-Streifen mit einem massiven Bombardement, drang mit Bodentruppen in das Gebiet ein und verhängte eine komplette Blockade.

Vor der Eskalation des Konfliktes seien täglich mehr als 500 Lkw in den Gaza-Streifen gekommen, um Menschen zu versorgen, erläuterte der Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen. „Im Moment, an guten Tagen, sind es knapp 100.“ Das erschwere die Arbeit „extrem“. Es fehle unter anderem an Verbandsstoffen, Narkosemitteln und Schmerzmitteln. „Wir brauchen dringend mehr Zugang“, betonte Katzer. Die von Israel angekündigte Erweiterung des Zugangs sei zu begrüßen. Allerdings sei Ärzte ohne Grenzen noch etwas skeptisch, weil es in der Vergangenheit öfter Ankündigungen dieser Art gegeben hätte.