Weiter keine Einigkeit unter Autoren und Schriftstellern: 100 Jahre nach Gründung von PEN in Deutschland ist ein Ende der Spaltung nicht in Sicht. Und die “FAZ” berichtet von neuen Streitigkeiten.
Die Spaltung der Autorenvereinigung PEN in Deutschland hält auch am 100. Gründungstag an. Das PEN-Zentrum Deutschland und der PEN Berlin haben derzeit keine Pläne, die seit 2022 andauernde Spaltung zu beenden, wie eine Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ergab. Als Gründungsdatum gilt laut PEN-Zentrum der 15. Dezember 1924.
PEN Berlin hatte sich 2022 nach einem heftigen Streit bei der PEN-Jahrestagung vom PEN-Zentrum Deutschland mit Sitz in Darmstadt abgespalten. “Wenn Personen, die an der Trennung beteiligt waren oder diese verursacht haben, nicht mehr im Amt sind, wird das sicher förderlich sein. Ausschließen möchte ich eine Wiedervereinigung daher nicht”, sagte der kommissarische Vorsitzende von PEN Deutschland, Michael Landgraf, der KNA.
Er betonte, “dass Koexistenz auch Kooperation bedeuten kann” und verwies auf das Zusammenwirken seines PEN mit dem Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller. In den 1990er gab es bereits einmal eine PEN-Wiedervereinigung: Die vormaligen PEN-Organisationen in Ost und West vereinigten sich zum PEN-Zentrum Deutschland.
Ein Sprecher von PEN Berlin wollte sich auf KNA-Anfrage nicht näher über mögliche Pläne für eine künftige Wiedervereinigung äußern. Er sagte lediglich, dass die Autorenvereinigung sich “weder in Abgrenzung von anderen Organisationen definieren noch deren Arbeit bewerten” wolle.
Unterdessen berichtete die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (Dienstag) von einer möglichen Spaltung des PEN Berlin. Grund seien Auseinandersetzung über eine Nahost-Resolution, die am Wochenende eine außerordentliche Mitgliederversammlung geprägt hätten. Im Bericht ist von Furor, Machtwillen und weiteren Vorwürfen innerhalb des Verbandes die Rede.
Im PEN-Zentrum Deutschland wurde indessen ebenfalls am Wochenende eine regionale “Gruppe Leipzig” gegründet. “Seit Beginn meiner Amtszeit im Oktober 2022 stehe ich für die regionale Ausrichtung des deutschen PEN”, erklärte PEN-Vorsteher Landgraf. “Daher bin ich sehr froh über den Zusammenschluss der Schriftstellerinnen und Schriftsteller in den östlichen Bundesländern.”
Der Vorstand des PEN-Zentrums stehe für Gespräche über eine Vereinigung “immer bereit”, versicherte Landgraf der KNA. Doch es werde erst einmal über Wege der Zusammenarbeit gehen müssen. Unabhängig von der Organisationsform gehe es um den Einsatz für Literatur und Hilfe für Autoren, die durch die Unterdrückung des freien Wortes in Not oder Gefahr seien.
Mit Blick auf die Anzahl davon Betroffener sei es sehr zu begrüßen, wenn sich eine weitere Organisation wie der PEN Berlin um Fälle kümmert, die sonst nicht abgedeckt werden könnten. “Da die Zahl der autoritären Staaten wächst, gibt es wesentlich mehr verfolgte Autorinnen und Autoren”, unterstrich Landgraf.
“Die Charta des PEN verpflichtet uns, gegen Hass und für Frieden einzutreten”, führte er mit Blick auf die PEN-Gründung vor einhundert Jahren an. “Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Spannungen ist unsere Arbeit wichtiger denn je.” Er verwies auf die historische Bedeutung von politischer Arbeit: “Heinrich Böll sagte einst, dass die politischen Aufgaben des PEN im Vordergrund stehen müssen.”
Diese zeige sich heute in der Mitgliedschaft in Literaturgremien und im Deutschen Kulturrat. Politische Arbeit werde auch in der Writers-in-Prison-Arbeit sichtbar. So setze sich der PEN etwa für den algerisch-französischen Schriftsteller Boualem Sansal ein, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2011. In einem weiteren Programm würden 15 Exil-Autoren in Deutschland betreut.
Neben dem PEN-Zentrum Deutschland (neu gegründet 1948) und dem PEN Berlin haben auch das PEN Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland (gegründet 1934) und das Niederdeutsch-Friesische PEN-Zentrum (gegründet 2023) ihren Sitz in Deutschland.
Die Abkürzung PEN steht für Poets, Essayists, Novelists. Weltweit gibt es mehr als 150 Schriftstellervereinigungen sowie den PEN International als Dachorganisation.