Artikel teilen:

Zwei Jahre Krieg im Sudan – Angriffe auf Kinder und Flüchtlinge

Krankenhäuser sind längst geschlossen, Menschen hungern – Nach zwei Jahren Krieg verschärft sich die humanitäre Krise im Sudan zunehmend. Neue Angriffe zeigen nun: Nirgendwo ist es mehr sicher.

Hunger, Gewalt, Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung: Zwei Jahre nach Ausbruch des Krieges im Sudan warnen Helfer vor einer Verschärfung der humanitären Krise – insbesondere für Frauen, Mädchen und Kinder allgemein. In der Kritik steht auch, dass es zu wenig Geld für Hilfen gebe. Die Organisation Care sprach am Montag von einer “humanitären Krise historischen Ausmaßes” für Millionen Menschen. Ärzte ohne Grenzen verurteilte derweil erneute Angriffe auf Flüchtlingslager.

Im Sudan war am 15. April 2023 ein Machtkampf zwischen Armeechef Abdel Fattah Al-Burhan und seinem ehemaligen Vize, dem heutigen Kommandeur der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF), Mohamed Hamdan Dagalo, eskaliert. Beide Kriegsparteien greifen immer wieder Zivilisten an.

Ärzte ohne Grenzen wirft den RSF nun vor, die Kampfhandlungen bewusst in die Nähe eines großen Flüchtlingslagers zu tragen. Das Vertriebenencamp Samsam in der Region Darfur sei bereits zuvor ausgehungert, beschossen und von Hilfe abgeriegelt worden, erklärte die Notfallkoordinatorin der Organisation, Marion Ramstein. “Es gibt Berichte über Menschen, die in alle Richtungen fliehen und über zahlreiche Opfer, deren Zahl wir allerdings noch nicht genau beziffern können.”

Ärzte ohne Grenzen habe wegen der eskalierenden Sicherheitslage schon im Februar alle Aktivitäten in dem Lager einstellen müssen, so Ramstein. Nun sei die Situation noch dramatischer geworden. “Die Kommunikation mit Samsam ist zusammengebrochen. Zu vielen der Menschen, die mit uns gearbeitet haben und die nach der Schließung unseres Krankenhauses bei ihren Angehörigen im Camp geblieben sind, haben wir keinerlei Kontakt mehr.” Bei den jüngsten Angriffen sei auch eine Mitarbeiterin von Relief International getötet worden, die einzige Organisation, die derzeit noch im Camp tätig sei.

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind 60 Prozent der 50 Millionen Menschen im Land auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Weltgesundheitsorganisation gibt ferner an, dass 70 Prozent der Gesundheitseinrichtungen in den Konfliktgebieten geschlossen oder kaum noch funktionsfähig seien. In Verbindung mit schlechter Ernährungslage und die durch den Krieg bedingte Unterbrechung von Impfkampagnen brächen Infektionskrankheiten wie Masern, Cholera und Diphtherie aus, hieß es.

Nach Informationen von Catherine Russell, Direktorin des Kinderhilfswerks Unicef, wurden erst vergangene Woche wieder Dutzende Zivilisten – unter ihnen mindestens 23 Kinder sowie Mitarbeiter von Hilfsorganisationen – im Norden Darfurs ermordet. Laut Save the Children wird alle zehn Sekunden ein Kind zur Flucht gezwungen. “Für Kinder bedeutet die Gewalt im Sudan unermessliches Leid”, betonte Florian Westphal, Geschäftsführer von Save the Children Deutschland.

Die Welthungerhilfe verwies auf die bevorstehende internationale Konferenz für den Sudan in London und appelliert ebenfalls an die Staatengemeinschaft. Fast 26 Millionen Menschen litten unter akutem Hunger, während 15 Millionen Menschen innerhalb des Landes oder über die Grenzen hinweg vertrieben worden seien.

Der Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, Martin Keßler, erinnerte zudem daran, dass es in den vergangenen Monaten wiederholt zu Übergriffen, Verschleppungen und Morden an freiwillig Helfenden gegeben habe.

Abdirahman Ali, Care-Länderdirektor, machte auf die Not von Frauen und Mädchen aufmerksam. “Da das Gesundheitssystem zusammengebrochen ist, haben schwangere Frauen, junge Mütter und Kranke kaum oder gar keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Die Gewalt gegen Frauen und Mädchen nimmt zu, und die Überlebenden bleiben oft ohne Unterstützung.”