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Zehntausende in NRW bei Kundgebungen zum Tag der Arbeit

Auf der zentralen Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes von NRW am 1. Mai in Siegburg hat die DGB-Vorsitzende Anja Weber die Bedeutung von Tarifverträgen unterstrichen. An ihren Gast, Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), appellierte sie, das vor einem Jahr angekündigte Tariftreuegesetz nun umzusetzen. „Der Schlüssel für gute Arbeitsbedingungen sind Tarifverträge“, betonte Weber. Aber immer weniger Beschäftigte in NRW arbeiteten unter dem Schutz eines Tarifvertrages. Gerade in einer Zeit, in der sich viele Beschäftigte Sorgen um ihre Zukunft machten, müssten neue Perspektiven für gute Arbeit geschaffen werden.

Ministerpräsident Wüst kündigte in Siegburg an, mit der künftigen Bundesregierung das Gespräch zu suchen. „Uns alle eint das Ziel einer hohen Tarifbindung in unserem Land“, versicherte er in seiner Rede auf der zentralen Veranstaltung des DGB NRW. Tariflöhne seien die „faireren Löhne“ und Ausdruck einer starken Sozialpartnerschaft. Die NRW-Landesregierung wolle ihren Beitrag leisten und tarifgebundene Unternehmen stärken. Auch die neue Koalition im Bund habe in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dieses Ziel zu verfolgen, sagte er.

In Richtung von Unternehmen betonte die Gewerkschafterin Weber, dass für die Wirtschaftskrise viele Faktoren verantwortlich seien, „aber ganz bestimmt nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“. Diese seien nicht dafür verantwortlich, dass Manager und Vorstände Entwicklungen verschlafen oder Fehlentscheidungen getroffen haben. Arbeitnehmer seien auch nicht verantwortlich dafür, dass Planungen zu lange dauern. Ein Aufbruch für die Wirtschaft dürfe nicht ein Aufbruch auf dem Rücken der Beschäftigten sein.

In Münster mahnte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW NRW), Ayla Çelik, die Bedeutung von Bildung und Schulen für Demokratie und eine gerechte Gesellschaft nicht aus dem Blick zu verlieren. Gerade in den Bildungseinrichtungen lasse sich jeden Tag erleben, was passiere, wenn politisch Verantwortliche zu lange wegschauten: „Fach- und Lehrkräftemangel überall, kaputte Gebäude und eine sich stetig verschärfende Chancenungleichheit.“ Gute Bildung koste viel, räumte sie ein. „Aber schlechte Bildung kostet sehr viel mehr.“

In Siegburg hatte Ministerpräsident Wüst auf gestiegene Landesausgaben verwiesen. In diesem Jahr würden so viele Mittel von den Steuern für Bildung, Kinder und Jugendliche zur Verfügung wie niemals zuvor, erklärte er. Trotz knapper Kassen und geringerer Steuereinnahmen wegen der schwachen Konjunktur stünden in diesem Jahr 2,7 Milliarden Euro mehr für Bildung bereit als im vergangenen Jahr. In den vergangenen zwei Jahren sei es gelungen, mehr als 7.500 Menschen zusätzlich an unsere Schulen zu bringen: Lehrkräfte, Psychologen, Sozialarbeiter und Alltagshelfer.

Zum 1. Mai forderte IG Metall-Chefin Christiane Benner die neue Bundesregierung zu raschen Entlastungen auf. Die Koalition habe verstanden, wie wichtig die Industrie sei, und entlaste auch Beschäftigte etwa durch die höhere Pendlerpauschale und Mietpreisbremse. „Jetzt muss sie ins Handeln kommen“, sagte Benner der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Wie auch der Vorsitzenden der IG Bergbau, Chemie, Energie, Michael Vassiliades, in der „Augsburger Allgemeinen“, hatte Benner zuvor in der „Rheinischen Post“ auf die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission gepocht und eine Anhebung des Mindestlohns auf etwa 15 Euro gefordert. Benner und Vassiliades wandten sich zudem gegen das Vorhaben der künftigen Koalition aus Union und SPD, einen Wegfall der täglichen Höchstarbeitszeit zugunsten eines Wochenwerts zu ermöglichen.

Unter dem Motto „Mach dich stark mit uns“ fanden landesweit rund 70 Veranstaltungen zum Tag der Arbeit mit Gästen aus der Landes- und Bundespolitik statt. Laut Gewerkschaftsangaben folgten landesweit rund 89.000 Menschen dem Aufruf, sich an den Kundgebungen und Veranstaltungen zu beteiligen. Unter anderem wollte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) in Gelsenkirchen und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) in Hamm sprechen. NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) war am Vorabend auf dem Arbeitnehmerempfang in Olpe zu Gast. Bundesweit kamen nach DGB-Angaben 330.000 Menschen bei 450 Veranstaltungen und Kundgebungen zusammen.

In Gelsenkirchen hatte nach Polizeiangaben die rechtsextreme Partei „Die Heimat“ eine Demo angemeldet, zu der laut WDR rund 150 Teilnehmer erschienen. Mehrere Bündnisse riefen zu Gegendemos auf. Die Nachfolge-Partei der NPD, die vom Verfassungsschutz NRW als rechtsextremistisch eingestuft und deshalb beobachtet wird, wollte in Gelsenkirchen für „Arbeit, Freiheit und Remigration“ auf die Straße gehen. An der Kundgebung des DGB wollte sich NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) beteiligen