Zehn Jahre nach dem Völkermord an den Jesiden sind die Mitglieder der Religionsgemeinschaft laut Amnesty International nach wie vor schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Hunderte von ihnen seien wahrscheinlich in Gefängnissen und Lagern im Nordosten Syriens inhaftiert, erklärte die Menschenrechtsorganisation in Berlin.
Am 3. August 2014 hatten Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die Sindschar-Region im Nordirak überfallen. Tausende Angehörige der dort beheimateten jesidischen Gemeinschaft wurden verschleppt oder getötet. Immer noch würden schätzungsweise 2.600 Menschen vermisst, erklärte Amnesty unter Verweis auf Angaben des Büros für entführte Jesidinnen und Jesiden in Dohuk. Ein großer Teil von ihnen solle sich nach der Entführung durch den IS im Nordosten Syriens befinden. Organisationen und Aktivisten gehen laut Amnesty davon aus, dass viele Jesidinnen und Jesiden in Haftlagern festgehalten werden, die eigentlich für Menschen mit Verbindungen zum IS geschaffen wurden.
Amnesty-Expertin: Angehörige bei der Suche nach Vermissten unterstützen
Die Amnesty-Expertin für den Nahen Osten und Nordafrika, Ruth Jüttner, forderte die sofortige Freilassung aller Jesidinnen und Jesiden. Sie rief die internationale Gemeinschaft zugleich auf, Angehörige bei der Suche nach Vermissten zu unterstützen. In Deutschland müsse ein bundesweiter Abschiebestopp für Jesidinnen und Jesiden in den Irak verhängt werden. Die Angehörigen der Religionsgemeinschaft brauchten keine „keine warmen Worte, sondern handfeste Unterstützung“, sagte Jüttner.
Jesidinnen und Jesiden werden immer wieder verfolgt und diskriminiert. Fanatische Muslime sehen die Gemeinschaft als Sekte und die Mitglieder als „Teufelsanbeter“ an. Der Bundestag erkannte die Verbrechen der IS-Terrormiliz an den Jesidinnen und Jesiden im Januar 2023 als Völkermord an.