40 Theologen haben 17 Jahre lang an der Basis-Bibel gearbeitet, die am 21. Januar von der Deutschen Bibelgesellschaft herausgebracht wurde. Beim Seminar „bibel.gerecht“ am 16. April in Barth stellt Theologe Christoph Rösel, Generalsekretär der Stiftung, dieses Werk in einem Workshop vor – am Beispiel des Ezechiel-Buchs, das er mit übersetzt hat. Sybille Marx hat ihn interviewt.
Herr Rösel, 2010 kam das Neue Testament der Basis-Bibel heraus, jetzt ist diese Bibel komplett, nach insgesamt 17 Jahren Übersetzungsarbeit. Was ist das für ein Gefühl?
Christoph Rösel: Ein sehr besonderes, vor allem für die Kollegen in unserem Haus, die von Anfang an dabei waren. Ich selbst bin als Übersetzer im Bereich Altes Testament erst 2012 dazu gekommen. Aber wir alle haben dieses Projekt mit viel, viel Energie betrieben. Jetzt so positive Resonanz zu ernten, ist einfach großartig.
Was für Rückmeldungen bekommen Sie?
Allein der Verkauf sprengt die Erwartungen. Wir hatten geschätzt, im ersten Jahr insgesamt 70 000 Exemplare zu verkaufen, aber bereits jetzt sind fast 60 000 Exemplare weg! Die kompakte Version ist ausverkauft, da drucken wir schon nach. Und die Resonanz in den Medien ist riesig, wir haben sehr viele Radiointerviews, Zeitungsberichte. Das hätten wir so nicht erwartet, normalerweise ist die Bibel nicht das Thema, mit dem man viele hinter dem Ofen vorlockt …
Wie erklären Sie es sich, dass es mit der Basis-Bibel klappt?
Man könnte ja sagen, es gab schon genug Bibelübersetzungen: die revidierte Lutherbibel, die Gute Nachricht Bibel, die Bibel in gerechter Sprache …
Mit der Basis-Bibel reagieren wir auf zwei Dinge. Erstens: Sprache ist immer im Wandel, und zweitens: Die Lesegewohnheiten haben sich durch die Nutzung der neuen Medien radikal geändert. Die Idee zur Basis-Bibel kam aus der Jugendarbeit, von dort hieß es: Wir brauchen für die jüngere Generation eine Bibel, die noch leichter verständlich ist. Die „Gute Nachricht“ ist gut, aber mit dem Start 1968 trotz der späteren Überarbeitungen auch schon etwas in die Jahre gekommen. Mit der Basis-Bibel sind wir auch wieder etwas näher am Urtext, sie klingt biblischer, gleichzeitig prägnanter und einfacher. Denn die Sätze haben wir bewusst kurz gehalten, nie länger als 16 Wörter und mit einer einfachen Satzstruktur. Man kann im Deutschen herrliche Schachtelsätze bilden, bei denen die entscheidende Info erst ganz am Schluss kommt. In der Basis-Bibel kommt sowas nicht vor. Außerdem gibt es viele Erklärungen am Rand, die beim Verstehen helfen.
Viele Kirchgänger sind mit der Lutherbibel aufgewachsen, haben Texte wie die Weihnachtsgeschichte oder Psalm 23 im Ohr. Wie reagieren die auf die Basis-Bibel, vermissen die nicht den vertrauten, viel poetischeren Klang?
Wir empfehlen die Basis-Bibel nicht als Ersatz für die Lutherbibel, sondern vor allem als Bibel für die Jugendarbeit und den Erstkontakt. Die Anspielungen auf biblische Formulierungen bei Schiller oder Goethe könnte man zum Beispiel nicht verstehen, wenn man die Lutherbibel nicht lesen würde. Aber gerade bei den komplexeren Büchern wie den Propheten kann die Basis-Bibel wegen ihrer Einfachheit ein Gewinn für alle sein, auch für Menschen, die mit der Lutherbibel gut vertraut sind. Pastoren und andere Multiplikatoren schätzen sie deshalb, das merken wir schon jetzt an den sehr guten Verkaufszahlen der komfortablen Ausgabe.
Glauben Sie, dass die Basis-Bibel die Lutherbibel irgendwann im Gottesdienst ersetzen wird?
Sie wird punktuell schon im Gottesdienst verwendet. Als der Berliner Bischof Stäblein im Herbst beim Eröffnungsgottesdienst der EKD-Synode predigte, hat er den Predigttext aus dem Römerbrief aus der Basis-Bibel vorgelesen. Die 2016 abgeschlossene Revision der Lutherbibel konnte auch nur deshalb eher traditionell ausfallen, weil parallel schon die Basis-Bibel entstand und klar war: beide würden sich ergänzen. Also, in der praktischen Verwendung könnte die Basis-Bibel in manchen Situationen bevorzugt werden. Aber die Lutherbibel hat durch ihre Wirkungsgeschichte in unserer Kultur eine Position, die durch keine andere Bibel abgelöst werden kann.
Sie selbst haben Teile des Buchs Ezechiel für die Basis-Bibel übersetzt. Wie mühsam oder auch schön war dieser Prozess?
Ezechiel ist schon ein spezielles, weniger gelesenes Buch, mit sehr eigenem Wortschatz und priesterlicher Prägung. Ich hatte mich als Theologe an der Uni Marburg aber schon damit beschäftigt und fand es reizvoll, den Text nun in den Duktus der Basis-Bibel zu bringen. Das Ergebnis ist immer noch schwere Kost, aber ein bisschen leichter zugänglich. Und ich finde, die Lektüre lohnt. Ezechiel schreibt als Priester im Exil aus einer ganz dramatischen Zeit heraus: dem Untergang Jerusalems. Der Tempel, das Land, das Königreich sind zerstört, alle Grundlagen der religiösen Identität sind weg. Er ringt verzweifelt mit der Frage, wieso Gott das zulässt, und bekommt in diesem Ringen eine neue Hoffnungsperspektive geschenkt. Wenn man es schafft, sich da reinzuarbeiten, bemerkt man die Schönheit seiner Botschaft.
Welchen Stellenwert hat die Bibel für Sie persönlich – egal, in welcher Übersetzung?
Sie ist für mich das Buch schlechthin. Ein Lebensbuch, das uns den Zugang zu Gott ermöglicht oder umgekehrt: Gott kommt durch die Bibel zu uns. Als Theologe habe ich mich in meiner wissenschaftlichen Arbeit vor allem mit dem Alten Testament beschäftigt, und da hat mich die Vielfalt der Perspektiven und Gotteserfahrungen fasziniert. Die Propheten Jeremia und Ezechiel zum Beispiel: Sie vertreten in der selben Zeit unterschiedliche Perspektiven. Aber beide passen in ein großes Ganzes, beide sprechen von dem einen Gott.
Und was erhoffen Sie sich vom Workshop in Barth?
Ich freue mich auf den Austausch, ich mag das Workshop-Format. Die Fragen der Leute sind immer spannend, weil sie mich mit neuen Perspektiven und Herangehensweisen konfrontieren.
17 Jahre lang haben über 40 Übersetzerinnen und Übersetzer an der Basis-Bibel gearbeitet. Eine einzelne Person hätte elfeinhalb Jahre ohne Unterbrechung benötigt. 31.170 Verse umfasst die Basis-Bibel. An 34 461 Stellen wurden Erklärungen eingefügt. 2003 hatte die Arbeit am Markus-Evangelium begonnen. 2010 war das Neue Testament fertig, 2012 der Psalter.
Mehr Infos und Anmeldung auf www.bibelzentrum-barth.de