Acht große Wirtschaftsverbände fordern die Bundesregierung auf, das geplante EU-Lieferkettengesetz zu stoppen. Die Richtlinie sei “gut gemeint, aber schlecht gemacht”, zu bürokratisch und praxisfremd, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung. Sie würde “insbesondere den Mittelstand in der Praxis überfordern und zu einem Rückzug europäischer Firmen aus vielen Ländern führen”. Stattdessen solle man “gemeinsam eine bessere Regulierung zur Sicherung der Menschenrechte auf den Weg bringen”.
Schon die Vorgaben durch das deutsche Lieferkettengesetz hätten zu großen Belastungen gerade für kleine und mittlere Unternehmen geführt, heißt es weiter. Eine EU-Lieferkettenrichtlinie, wie sie jetzt geplant sei, “hätte bürokratische Überlastungen und Rechtsunsicherheit in einer neuen Dimension zur Folge”.
Kritisch sehen die Verbände etwa, dass Unternehmen fast alle Stufen ihrer Lieferketten global auf Verstöße gegen Menschenrechte sowie Umwelt- oder Sozialstandards kontrollieren sollen. Doch gerade Industriefirmen hätten oft Zehntausende Zulieferer. Die Kosten allein zur Befolgung der Vorgaben würden für einzelne Unternehmen nicht selten Millionensummen erreichen.
Die Verbände kritisieren auch die vorgesehene zivilrechtliche Haftung: “Es ist schlicht praxisfremd zu verlangen, dass Unternehmen aus den EU-Mitgliedstaaten für Pflichtverletzungen haften sollen, die in ihren Lieferketten geschehen – und dies noch weltweit.” Die Beweisanforderungen wären für viele Unternehmen nicht zu leisten.
Die Verbände betonten weiter, sich schon heute an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zu orientieren bei ihren globalen Lieferbeziehungen.
Die Erklärung kommt unter anderem vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall, der Stiftung Familienunternehmen und Politik sowie den Verbänden der Chemischen Industrie, der Elektro- und Digitalindustrie und dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau.
Im Dezember hatten sich Europa-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat auf einen Kompromiss für ein eigenes Lieferkettengesetz geeinigt. Danach sollen etwa große Unternehmen vor europäischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn es in ihren Produktions- und Lieferketten zur Kinder- oder Zwangsarbeit kommt. Zudem müssen die Unternehmen sich dazu verpflichten, ihre Wertschöpfungskette bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Der Europäische Rat als Gremium der EU-Staats- und Regierungschefs muss dem Kompromiss noch zustimmen.