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„Wir müssen miteinander hoffen“

Mehr als 1500 Menschen versammelten sich im Dom, um der Opfer des Anschlags in der Fußgängerzone zu gedenken. Die westfälische Präses Annette Kurschus rief dazu auf, sich mit Klagen und Fragen im Gebet an Gott zu wenden

Angelika Osthues

MÜNSTER – In einem bewegenden Gottesdienst im überfüllten Dom haben am vergangenen Sonntagabend Münsteraner Bürger der Opfer der Amokfahrt vom 7. April gedacht. Nach Schätzungen eines Bistumssprecher kamen mehr als 1500 Menschen im Dom zusammen. Viele Besucher mussten stehen, weil die Plätze nicht ausreichten. Gläubige und wie Nicht-Gläubige stünden an diesem Abend mit leeren Händen da, sagte der Bischof des Bistums Münster, Felix Genn, in dem ökumenischen Gottesdienst. „Hier stehen wir mit unserer Frage nach dem Sinn“, erklärte Genn. Auch die Kirche müsse die Beantwortung solcher Lebensfragen ebenso aushalten wie alle anderen. Besondere Anteilnahme gelte den Betroffen und ihren Angehörigen, unterstrich der Bischof.

Warum ist der Mensch, wie er ist?

Der Münsteraner Superintendent Ulf Schlien sagte: „Die Bilder, die wir heute gesehen haben, werden uns noch lange verfolgen.“ Ein Bild sei ihm besonders nahe: Das Schild an dem Unglücksort, auf dem handgeschrieben das Wort „Warum“ stehe. Das stelle die Frage, warum der Mensch so sei, dass er so etwas tun könne. Die einzige Möglichkeit ein solches schreckliches Erlebnis durchzustehen, sei die Gemeinsamkeit: „Wir müssen miteinander hoffen und dürfen nicht verzagt sein!“, appellierte Schlien.
Am Ende des Gottesdienstes wurden an alle Besucher Kerzen verteilt, um das Licht der Welt in die Welt hineinzutragen. An dem Gottesdienst nahmen neben Bischof Genn und Superintendent Schlien auch der Münsteraner Weihbischof Stefan Zehkorn und Stadtdechant Jörg Hagemann teil. Unter den Besuchern waren auch der Münsteraner Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg. Eingeladen hatten das Bistum Münster, der Evangelische Kirchenkreis Münster, das Stadtdekanat und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Münster.
Am vergangenen Samstagnachmittag hatte ein 48-jähriger Mann aus Münster einen Campingbus in eine Menschenmenge vor einem Lokal in der Altstadt gesteuert. Dabei wurden zwei Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt. Der Fahrer erschoss sich noch am Ort des Geschehens. In einer ersten Reaktion hatte Superintendent Ulf Schlien zur Besonnenheit aufgerufen. „Wir müssen das schlimme Ereignis in allen Facetten wahrnehmen und begreifen“, sagte er.
Evangelische und katholische Kirchen in Münster öffneten spontan ihre Tore, um den Menschen Raum für ihre Trauer, Betroffenheit und Fragen zu bieten. UK/epd