Am heutigen Sonntag hat der Kirchenchor im unterfränkischen Winterhausen (Kreis Würzburg) sein 400-jähriges Bestehen gefeiert. Singen mache nicht nur Spaß, sondern wirke auch in dunkelster Stunde, bei Schmerz und Leid, sagte der bayerische Landesbischof Christian Kopp laut Manuskript bei seiner Predigt im Festgottesdienst in der St. Nikolauskirche. „Ich bin sicher, dass viele von Ihnen Geschichten vom Singen erzählen könnten“, sagte Kopp. „Geschichten von ihren Kindern oder als Sie selbst Kind waren.“ Singen könne trösten und Kraft geben. „Und am schönsten ist es gemeinsam.“ Der Kirchenchor gestaltete den Gottesdienst am Kirchenmusik-Sonntag Kantate „mit gesungenem Introitus, gesungenen Psalmen und Gloria“, sagte Gemeindepfarrer Robert Lütgenau dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage.
Im Anschluss an den Gottesdienst sollte ein kleiner Empfang vor der Kirche stattfinden und danach im Bürgerhaus das „Chormahl“. Diese Tradition stammt aus dem Jahr 1625 und ist die erste urkundliche Erwähnung des Chores, der damit der älteste evangelische Kirchenchor in Bayern sein dürfte. Das „Chormahl“ ist ein Festessen, das Freiherr Georg Friedrich aus dem Geschlecht der Schenken von Rechteren-Limpurg als Dank für die Sänger spendierte. Denn der Freiherr ließ mitten im Dreißigjährigen Krieg Kirchenchöre gründen und erließ dazu eine Kirchenchorordnung, die seine Untertanen zum musikalischen Kirchendienst verpflichtete.
Bereits am 9. und 10. Mai fand das „Ansingen“ statt, bei dem der Kirchenchor von Haus zu Haus zieht, gewünschte Lieder singt und Spenden für sein „Chormahl“ sammelt. Etwa 30 Sängerinnen und Sänger hätten an über 100 Türen geklingelt und gefragt, ob ein Ständchen gewünscht sei, sagte Lütgenau dem epd. Aus einer der zwei Titellisten von Chor und Musikkapelle konnten sich die Anwohner dann ihr Lieblingsstück auswählen. Am häufigsten gewünscht worden sei „Hallelujah“ von Leonard Cohen, so Lütgenau. „Einige Menschen haben Tränen der Rührung in den Augen gehabt.“ Der Chor konnte insgesamt 5.400 Euro an Spenden einsammeln.
Das „Chormahl“ wurde im Jahr 1949 von treuen Sängern aus Winterhausen wiederbelebt und fand von nun an im Sieben-Jahres-Rhythmus statt. Ursprünglich war der Brauch jährlich vorgesehen, im 17. Jahrhundert hielt sich der Chor auch noch daran, danach wurden die Abstände mal größer, mal kleiner. Anders als im benachbarten Sommerhausen auf der anderen Seite des Mains schlief die „Chormahl“-Tradition in Winterhausen aber niemals ganz ein. (1652/18.05.2025)