In der Offenbarung des Johannes finden sich in den Kapiteln zwei und drei sieben sogenannte Sendschreiben. In ihnen stellt der Heilige Geist sieben Gemeinden in Vorderasien eine Art (Zwischen-)Zeugnis aus. Im ersten dieser Schreiben lobt der Geist die Gemeinde in Ephesus für ihren Einsatz, ihre Geduld und Widerstandskraft in der Verfolgung und dafür, dass sie in schwierigen Zeiten am rechten Glauben festhält.
Allerdings benennt er auch einen wesentlichen Kritikpunkt: „Eines habe ich an dir auszusetzen: Von deiner anfänglichen Liebe ist nicht mehr viel übrig. Weißt du noch, mit welcher Hingabe du einmal begonnen hast? Was ist davon geblieben? Kehr um und handle wieder so wie zu Beginn.“ (Offenbarung 2,4-5, „Hoffnung für alle“-Übersetzung)
Wie eine Ehe, die in die Jahre gekommen ist
Das klingt fast wie bei einer Ehe, die etwas in die Jahre gekommen ist. Beide Partner sind einander treu, man hält gemeinsam den großen und kleinen Turbulenzen des Alltags stand, beide helfen einander. Aber die Liebe ist nicht mehr so wie am Anfang. Das alte Feuer ist weg. Vielleicht hat man das Tempo und die Intensität der Anfangszeit nicht durchhalten können. Oder es haben sich andere Dinge in den Vordergrund gedrängt: berufliche Herausforderungen, Familie und Kinder, Routinen des Alltags.
Und irgendwann hat man sich emotional auseinandergelebt. Man brennt nicht mehr füreinander, ist nicht mehr voneinander begeistert. Das, was ich hier von Partnerschaften schreibe, gilt auch für unsere Beziehung und unser Engagement für Gott. Wir tun – haupt- oder ehrenamtlich – treu unseren Dienst für Gott und die Menschen. Wir engagieren uns aufrichtig und in großer Solidarität. Aber das alte Feuer, die alte Leidenschaft, die Begeisterung des Anfangs ist weg.
Liebe ist nicht nur Harmonie
Natürlich: Liebe ist nicht immer ein Ritt auf Wolken. Wer jemals nachts aufgestanden ist, um ein zahnendes Kind zu beruhigen oder ihm die Windeln zu wechseln, weiß, wovon ich rede. Liebe ist oft mehr ein Akt der Solidarität als ein Akt der Leidenschaft und Begeisterung. Aber wenn die Liebe solche Gefühle gar nicht mehr hervorruft, liegt irgendetwas grundsätzlich schief. Auch in unserer Beziehung zu Gott.

Was lässt sich dagegen tun? Dazu fallen mir Maßnahmen ein. In dem genannten Text aus der Offenbarung gibt Gott beziehungsweise der Heilige Geist der Gemeinde in Ephesus drei Hinweise, wie sie wieder Anschluss an die „erste Liebe“ bekommen kann.
An den Anfang zurück erinnern
Erstens: Erinnere dich! Spüren wir dem nach, wie es am Anfang war: Wie war das, als uns Gottes Liebe so berührte, dass wir selbst zu Liebenden wurden? Was hat uns damals inspiriert und motiviert?
Bei dieser Übung geht es darum, dass wir uns emotional an die Zeit anschließen, als wir noch voller Feuer und Leidenschaft waren. Für manche ist das vielleicht erstmal frustrierend: O weh, wo ist nur meine Leidenschaft geblieben? Aber erst, wenn wir uns an dieser Stelle grundlegend ehrlich machen, kann daraus so etwas wie Sehnsucht erwachsen: nicht die Sehnsucht nach einer vermeintlich guten alten Zeit, sondern nach dem alten Feuer und nach der Leidenschaft, die uns einmal antrieb. Sehnsucht ist der Anfang von allem – auch von neu entfachter Liebe.
Sieben Punkte, die für weitere Arbeit motivieren
Dabei hilft es zu fragen: Was hat mich motiviert? Dazu lassen sich sieben Punkte festhalten.
1. Glaube und Vertrauen: Ein gutes Beispiel dafür ist Abraham. Gott fordert ihn auf, seine Heimat und seine Verwandten zu verlassen, um in ein fremdes Land zu ziehen. Er läuft los.
2. Das Erlebnis von Gemeinschaft: Das spielt besonders im Neuen Testament, zum Beispiel in der Apostelgeschichte, eine große Rolle. Lydia aus der Stadt Philippi ist die erste erwähnte Person auf europäischem Boden, die den christlichen Glauben annahm. Sie drängte nicht nur Paulus und Silas, bei ihr zu wohnen (Apostelgeschichte 16,15), sondern es scheint sich auch eine christliche Gemeinde in ihrem Haus versammelt zu haben (Apostelgeschichte 16,40).
3. Orientierung am Vorbild: So ging es mir selbst. Ich habe am Anfang ein paar Leute kennengelernt, die ich cool fand. Ich wollte so sein wie sie, also habe ich ihnen nachgeeifert.
4. Berufungserfahrung: Die werden so einige Menschen gemacht haben. Vielleicht hat der Pfarrer gesagt: Dich kann ich mir gut vorstellen als jemanden, der in der Diakonie arbeitet. Oder: Du wirst bestimmt eine gute Jugendleiterin.
5. Einsatz der eigenen Gaben: Jede und jeder hat Begabungen und kann sich sagen: Auf dem Gebiet bin ich richtig gut, Gott hat mir etwas mit auf den Weg gegeben, womit ich einen Unterschied machen kann.
6. Vision/Hoffnung: Ich habe ein großes Bild von einer besseren Welt oder einer neuen Kirche oder was auch immer.
7. Liebe und Verantwortung: Dieses Gefühl ist bei vielen ganz stark. Da kann jede und jeder mal in sich hineinhorchen und forschen: Was habe ich erlebt? Was habe ich gefühlt? Was habe ich getan?
Zweitens: Kehr um! (wörtlich: Denk um!). Stimmungen – auch fehlende Stimmungen – haben etwas mit Gedanken zu tun. Wenn ich andere Gefühle haben will, brauche ich andere Gedanken. Die Frage ist also: Welche Gedanken helfen mir, positiv und voller Elan an meine Arbeit heranzugehen?
Ein Tag im Leben – Gott sei Dank!
Denke ich: „Schon wieder ein Tag voller Mühe und Arbeit!“? Oder vielleicht: „Ich lebe und kann arbeiten – Gott sei Dank! Dieser Tag ist ein einzigartiges Geschenk Gottes an mich, das will ich wertschätzen und mich daran freuen. Ich darf auch heute meinen Beitrag leisten, meine Gaben und Talente nutzen, um Menschen zu helfen und zu dienen – Gott sei Dank! Ich will diesen Tag maximal nutzen – und maximal feiern.“?
Drittens: Tu wieder die ersten Werke! Was haben wir damals voller Leidenschaft getan? Und: Tun wir es heute noch? Ich verstehe die ersten Werke nicht so sehr zeitlich, sondern vor allem von der Prioritätenfolge her: Was ist besonders wichtig für mich? Und komme ich überhaupt noch dazu, das zu tun?
Tut das, was euch „fliegen“ lässt
Räume ich mir Zeit ein, die Dinge zu tun, die ich wirklich tun will und die für mich Vorrang haben, weil sie meinen Gaben und meiner Berufung entsprechen? „Handelt wieder so wie zu Beginn“ heißt für mich: Tut das, was euch „fliegen“ lässt, weil es eurer inneren Passion Ausdruck verleiht. Und lasst euch von nichts und niemandem davon ablenken.
Das also ist der Rat, den der Heilige Geist der Gemeinde in Ephesus gibt: Erinnert euch – denkt um – tut die ersten Werke. Die Reihenfolge ist dabei nicht entscheidend. Wichtig ist, dass alles drei Hand in Hand geht. Dann haben wir gute Chancen, wieder zur alten Leidenschaft zurückzufinden.