Seelze. Die Mitgliederzahlen in der St.-Martins-Gemeinde in Seelze sind wie in vielen Kirchengemeinden leicht rückläufig. Doch Pastor Brand verzeichnet einen rasanten Anstieg der Taufen. Drei bis vier sind es pro Monat, im Jahr 2019 waren es knapp 50. „2014 waren es zwölf, das steigerte sich kontinuierlich“, so der Pastor.
Ganz überraschend ist das für Brand nicht. Denn die Gemeinde tut viel für junge Eltern. „Wir haben einen Schwerpunkt in der Arbeit mit jungen Familien“, erzählt er. Im Rahmen des Projektes „EliSe“, das für „Eltern in Seelze“ steht, bietet die Gemeinde an den Standorten Seelze und Lohnde Elterntreffs an, es gibt Krabbelgruppen, eine Hebamme kommt in die Kirchenräume, um junge Eltern zu beraten, außerdem finden Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungsgruppen statt.
Taufe am Sonnabend
Bei speziellen Fragen der Eltern kommen Mitarbeiter der Erziehungsberatungsstelle in das regelmäßig stattfindende Café „Regenbogenzeit“. Seit zwei Jahren koordiniert eine Diakonin das Projekt „EliSe“, das sich auf die Kirchengemeinden Kirchwehren, Harenberg, Seelze, Letter und Lohnde erstreckt. „Wenn Eltern merken, dass sie mit ihrer Lebenssituation in der Kirche vorkommen, nehmen sie das Angebot zur Taufe gern an“, sagt Brand. Besonders freut ihn, dass viele alleinerziehende Mütter ihre Kinder in St. Martin taufen lassen. „Sie bringen Freunde oder Angehörige mit und fühlen sich ebenso willkommen wie die Familien.“
Die Taufgottesdienste hält Brand am Sonnabendnachmittag. „Diese Zeit ist familienfreundlich, und ich kann die Liturgie und Musik speziell auf die Tauffamilien abstimmen“, erläutert er. So werden Geschwisterkinder oder Familienangehörige in die Zeremonie einbezogen, wie zum Beispiel beim Eingießen des Taufwassers.
Holzfische für Täuflinge
Jeder Täufling erhält ein Holzfischlein, das an den großen Fisch in der Kirche gehängt und nach einem Jahr zurückgeschickt wird. „Wir haben in Seelze einen starken Zuzug von jungen Familien“, erzählt Brand. Seelze und Umgebung seien als „Speckgürtel von Hannover“ begehrte Wohngebiete. Es sind nicht nur junge Familien, die vermehrt die Taufe ihrer Kinder wünschen. „In unseren Sonntagsgottesdiensten sitzen Menschen aus Afrika, Asien oder dem Mittleren Osten“, erzählt der Theologe.
Es sind vor allem Iraner, die Pastor Brand in seinen Taufkursen unterrichtet. „Ostern haben wir vier ganze Familien aus dem Iran getauft“, berichtet er. Die Kurse hält er zweisprachig ab – für Brand eine „spannende theologische Herausforderung“. Der Küster der Gemeinde, der aus dem Iran kommt und Farsi spricht, dolmetscht für ihn. Immer wieder sei für die Täuflinge das christliche Bild des gnädigen Gottes, der Menschen mit Fehlern annimmt, neu und überraschend. Zwar folgt er einem landeskirchlichen Curriculum, doch „im Mittelpunkt stehen die Fragen der Taufwilligen“. „Das ist das, was sich unsere Kirche wünscht“, so Brand.