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Wie die Ludwigsburger Störche zum Star im Internet wurden

Auf der Spitze der Totenkapelle in Ludwigsburg macht sich Leben breit: Seit fast einem halben Jahrhundert nisten hier Störche – und jetzt kann die Welt live dabei sein.

Weißstörche beobachten den Sonnenuntergang von ihrem Nest aus
Weißstörche beobachten den Sonnenuntergang von ihrem Nest ausPrivat

Ludwigsburg. Da sagt man der Elster Glitzersucht und Eitelkeit nach. Dabei sind es zumindest in Ludwigsburg bei Greifswald Herr und Frau Weißstorch, die mit ihrem Auftritt effektvoll genau bis zu dem Zeitpunkt warten, an dem die Kamera auf sie gerichtet ist! „Am 2. April war die Cam sendebereit“, erzählt Detlef Niemann freudig: „Und am 3. April kamen die Störche.“
Das Storchennest von einer Kamera überwachen zu lassen, das ist die neueste Idee des Ludwigsburgers, der sich schon ein elektro-mechanisches Aufziehwerk für die Turmuhr der Schlosskapelle aus dem Jahre 1797 ausgedacht hat – und der überhaupt die Fäden bei der Restaurierung des Kirchleins in der Hand hält. Als ehemaliger Elektroprüfer vom TÜV hat Niemann ein Händchen für alles Technische – und dazu noch originelle Ideen.

Störche beim Liebestanz

„Die Störche sind ein absoluter Hit für die Touris“, hat er in den Vorjahren beobachtet. Touristen, Einheimische – überhaupt, alle Menschen auf der Welt, können jetzt die Geschehnisse im Storchennest sozusagen live betrachten. Alle zehn Minuten löst die Kamera aus und das Bild ist direkt im Internet zu sehen. Die besten Bilder kommen in eine Galerie. Störche mit Sonnenaufgang über der Wieck, Störche beim Liebestanz oder zusammengekauert im Nebel sind zu sehen – anrührende Bilder.
Die gefiederten Freunde sind seit Jahrzehnten Gast im Dörfchen an der Dänischen Wieck. Bis 1973 reicht eine Statistik zurück über die Zugeflogenen, den Nachwuchs und über Zwischenfälle.
So endete 2009 ein „Altvogel tot an einer 20kV-Freileitung“ – ein trauriges Kapitel Storchengeschichte. 1998 brachte ein Sturm das immer mehr gewachsene Nest zum Absturz. „Fünf Jungvögel verloren damals ihr Zuhause. Sie bekamen Asyl im Greifswalder Tierpark“, beschreibt Niemann auf der Storchentafel, die er unten für Zaungäste angebracht hat. Zusätzlich zu dem Hinweis, dass die Störche es pflegen, die „Außentoilette“ zu benutzen – was den Aufenthalt unter dem Nest etwas gefährlich mache.

Sieben Jahre kein Nachwuchs

Einige Umzüge innerorts haben die Tiere absolviert: vom Schafstall der Gutshofanlage (Abriss etwa 1948) auf die „Erbsenscheune“, heute leider eine Ruine. „Nach einem vergeblichen Versuch, auf dem Dach der Schlosskapelle zu bauen, siedelt unser Storchenpaar etwa seit 1965 hier auf dem „Weissenbornschen Mausoleum‘“, so Niemann.
Auch über das entstandene Leben hat Niemann, der seit 2005 Buch führt, alles festgehalten. Siebenmal blieb das Nest seither ohne Nachwuchs, zwei Jahre war es gar unbesetzt. Zwischen einem und vier Jungen zogen die Störche sonst groß. Nicht selten, wie 1998, half dabei der Greifswalder Tierpark: 1992 nahm er zwei unterernährte Jungvögel auf. 

Kamera aus Spenden finanziert

Und auch in diesem Jahr holte sich Niemann dort bei Tierpfleger Frank Tetzlaff Rat. „Zwischenzeitlich war das Nest wieder sehr hoch und schwer geworden. Um Schaden zu verhüten, hat die Gemeinde noch im März Hand angelegt und das Nest um über die Hälfte abgetragen“, erzählt Niemann. „Nun, man sieht, die Störche hat es nicht gestört. Es sind mit größter Wahrscheinlichkeit die von den Vorjahren.“
Wie es weitergeht mit den jungen Störchen, wird von der neuen Webcam dokumentiert, die Niemann aus Spendenmitteln von der Kirchengemeinde Kemnitz und mit Hilfe von Herrn Steinhauer aus dem Nachbardorf Gahlkow angebracht hat. Das Jahr der Störche in Ludwigsburg beginnt.