Der Bäcker backt mehr Sahnetorten, wenn die Wettervorhersage der “Tagesschau” für den nächsten Tag Regen prognostiziert; wenn die Sonne scheinen soll, backt er mehr Obstkuchen – das ist eine Anekdote, die die ARD-Wetterchefin Silke Hansen gern erzählt. Wie morgen das Wetter wird, interessiert die Menschen – immer schon. Erste Versuche, das Wetter vorherzusagen, gibt es bereits seit dem Altertum.
Fester abendlicher Programmpunkt im TV wurde die Wettervorhersage erstmals bei der BBC (British Broadcasting Corporation) vor 75 Jahren, am 29. Juli 1949. Zwar hatte es bereits 1936 erste Testläufe gegeben, mit einfachen handgezeichneten Karten und Symbolen. Diese Versuche wurden aber durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen.
Trübe Vorhersage 1949
Im Juli 1949 wurde die Vorhersage wiederbelebt. Sie bestand aus Karten, wobei “eine körperlose Stimme den Wetterbericht vorlas”, schreibt die BBC auf ihrer Website. Es war damals für weite Teile Großbritanniens eine recht trübe Vorhersage für einen Sommertag: kühl und regnerisch – ziemlich britisches Wetter eben.
Die große Veränderung zum modernen Format erfolgte im Januar 1954, als ein Met-Offizier – das sogenannte Met Office ist der nationale meteorologische Dienst des Vereinigten Königreichs – die Karte visuell interpretierte. George Cowling war der erste “Wettermann” der BBC, deren Gründung vor mehr als 100 Jahren als Geburtsstunde des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gilt. Sie wird auch für andere Länder zum Vorbild. Das deutsche Fernsehen zog in den 1950er Jahren mit dem TV-Wetter nach.
Der Wetterbericht der “Tagesschau” um 20 Uhr sei “eine der besteingeschaltesten Minuten im deutschen Fernsehen”, erklärt Hansen. Sie ist für die Wetterberichte der ARD verantwortlich, die seit 1960 vom Hessischen Rundfunk produziert werden. “Die Vorhersage ist wirklich aktuell. Sie basiert auf den neuesten Erkenntnissen, die wir haben und entsteht zwischen 18 Uhr und 19.45 Uhr.” Früher sei das anders gewesen: “Da brachte der Motorradkurierdienst schon am Nachmittag das Wetter vom Deutschen Wetterdienst in Frankfurt und das wurde dann bei uns nur noch bebildert.”
Laut Deutschem Wetterdienst ist eine Vorhersage für die kommende Woche heutzutage ungefähr so zuverlässig, wie sie es vor dreißig Jahren für den nächsten Tag war. Die 24-Stunden-Vorhersage erreicht demnach mittlerweile eine Eintreffgenauigkeit von gut 90 Prozent.
Eiswarndienst als Folge des Titanic-Unglücks
Die Wetterprognose im Fernsehen hat eine lange Vorgeschichte in Großbritannien: So veröffentlichte die Londoner Times 1861 die ersten Wetterprognosen, und erste Wetterkarten wurden im selben Jahr publiziert. Im Jahre 1911 sendete das britische “Met Office” über das Radio erste Sturmwarnungen zu Händen von Seeleuten, und der nordatlantische Eis-Warndienst entstand als Folge des Titanic-Unglücks 1912.
Als Wegbereiter gilt Lewis Fry Richardson, der das Wetter der Zukunft im April 1917 erstmals errechnete. Seither hat es unendlich viele technische Fortschritte gegeben, auch wenn dem Ganzen immer noch eine möglichst genaue Kenntnis des aktuellen Wetters – dem Zusammenspiel von Luftdruck, Temperatur und Wind – zugrunde liegt.
Moderatoren mit Puppen
Und auch in der Darbietung hat sich einiges verändert: Die Moderatoren bei der ersten Wettervorhersage 1951 beim damaligen Nordwestdeutschen Rundfunk bemalten Karten zur Veranschaulichung und “hielten Puppen in die Kamera, die je nach Wetter einen Regenschirm und eine Jacke trugen”, schreibt die Süddeutsche Zeitung in einem Beitrag zum 70. Geburtstag der Wettervorhersage. Mittlerweile sieht das Publikum eine virtuelle Karte.
Tornado, Hochwasser, Hitzewelle: Der Mensch und sein Bestehen ist vom Wetter abhängig, sei es direkt oder indirekt durch eine funktionierende Landwirtschaft. Wo man auch hingehe, das Wetter umgebe einen, sagt Moderatorin Hansen. “Ich kann verstehen, dass man früher, als man das meteorologische Wissen noch nicht hatte, nach Erklärungen für Wetterphänomene gesucht hat.” Sie habe zum Beispiel mal einen Medicane erlebt, also eine Art Hurricane im Mittelmeerraum. “Damals riss im Auge des Sturms und nach 24 Stunden Dauerregen urplötzlich der Himmel auf und die Sonne schien”, so Hansen. “Früher hätte man das als Gottesfügung bezeichnet. Wetter ist unfassbar groß.”