Vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts hat die Berlinale-Leitung bei der Vorstellung der diesjährigen Wettbewerbsfilme das Selbstverständnis des Festivals als Plattform für Dialog und Verständigung betont. „Wir glauben, dass wir durch die Kraft von Filmen und offenen Diskussionen dazu beitragen können, Empathie, Bewusstsein und Verständigung zu fördern – auch und gerade in schmerzhaften Zeiten wie diesen“, sagten die Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek und der künstlerische Leiter Carlo Chatrian am Montag.
„Unser Mitgefühl gilt allen Opfern der humanitären Krisen in Nahost und darüber hinaus. Wir möchten, dass das Leid aller wahrgenommen wird und mit unserem Programm verschiedene Perspektiven auf die Komplexität der Welt eröffnen“, erklärte das scheidende Führungsduo weiter.
Außerdem verkündete Chatrian die Auswahl für den Wettbewerb der 74. Berlinale vom 15. bis 25. Februar. Im Rennen um den goldenen und die silbernen Bären sind auch die neuen Filme von Andres Dresen und Matthias Glasner. Dresens „In Liebe, Eure Hilde“ mit Liv Lisa Fries („Babylon Berlin“) spielt 1942 in Berlin und basiert auf der Geschichte der Widerstandskämpferin Hilde Coppi, die zusammen mit ihrem Mann Hans in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde. In Glasners Familiendrama „Sterben“ gehören Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Lilith Stangenberg, Ronald Zehrfeld und Robert Gwisdek zum renommierten Ensemble.
Insgesamt laufen 20 Produktionen aus 30 Ländern im Wettbewerb, darunter zwei Debütfilme und zwei Dokumentationen, sechs Filmemacher waren zuvor bereits im Bären-Rennen. Stark vertreten ist das französische Kino, etwa mit „Hors du temps“ von Olivier Assayas über das Leben im Corona-Lockdown. Aus den USA kommt Aaron Schimbergs Psychothriller „A Different Man“. Erstmals ist mit „Shambhala“ ein Film aus Nepal im Wettbewerb. In der Koproduktion „Pepe“ hat ein Nilpferd die Titelrolle und erzählt vom Kolonialismus.
Eröffnet wird die Berlinale mit dem irisch-belgischen Wettbewerbsdrama „Small Things Like These“ von Tim Mielants. Die Buchverfilmung mit Cillian Murphy („Oppenheimer“) thematisiert Enthüllungen über katholische Heime, die von den 1820er-Jahren bis 1996 betrieben wurden, um angeblich gefallene junge Frauen zu reformieren.
Die Bären werden am 24. Februar bei einer Gala verliehen. Präsidentin der Internationalen Jury ist die kenianisch-mexikanische Schauspielerin und Filmemacherin Lupita Nyong’o, die 2024 für ihre Nebenrolle in „12 Years a Slave“ einen Oscar bekam. Den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk erhält am 20. Februar der US- Regisseur, Produzent und Drehbuchautor Martin Scorsese („Killers oft he Flower Moon“).
Die Berlinale Kamera geht an den deutschen Regisseur und Autor Edgar Reitz, berühmt für seine „Heimat“-Chronik. Nach der Verleihung des Preises am 22. Februar wird seine neue Dokumentation „Filmstunde_23“ gezeigt, die in der Sektion Berlinale Special läuft.
Insgesamt sind bei der 74. Berlinale 199 Filme aus 51 Ländern zu sehen. Es ist das letzte Filmfest des Leitungsduos Chatrian und Rissenbeek. Im April übernimmt die US-Amerikanerin und frühere Chefin des London Film Festivals, Tricia Tuttle.