Er ging in Auschwitz für einen Mithäftling freiwillig in den Tod. Bis heute wird Maximilian Kolbe für dieses radikale Glaubenszeugnis verehrt. Einen dunklen Schatten werfen Kolbes antijüdische Einstellungen.
Im Keller des Todesblocks von Auschwitz ist das Grauen bis heute spürbar. Niedrige Betonverliese, in die durch vergitterte Löcher kaum ein Lichtstrahl fällt. Wen die Nazis hier einpferchten, der sollte verhungern oder ersticken. Am 14. August 1941 starb hier der polnische Franziskanerpater Maximilian Kolbe.
Kolbe ging freiwillig in den Tod. Er bot sich dem SS-Führer Karl Fritzsch als Austausch für einen jungen Familienvater an, als die Nazis zur Vergeltung für die Flucht eines Häftlings im August 1941 zehn Männer zum Hungertod in die Todeszelle sperrten. “Ich möchte für einen der Häftlinge in den Tod gehen. Ich bin katholischer Priester und habe keine Familie”, soll er dem KZ-Befehlshaber gesagt haben. Der akzeptierte den Austausch. Weil Kolbe die Qualen im Hungerbunker tagelang überlebte, wurde er schließlich durch eine Giftinjektion ermordet.
Geboren wurde Kolbe am 7. Januar 1894 in der Nähe von Lodz. Er wuchs in einer katholischen Familie auf. Die Eltern schicken Rajmund – Maximilian war sein Ordensname – mit einem Bruder in ein Franziskanerinternat im heute ukrainischen Lwiw (Lemberg). Die Franziskaner entsandten den begabten Schüler für ein Philosophie- und Theologiestudium nach Rom, das er mit doppelter Promotion abschloss. 1918 wurde Kolbe Priester.
Und kehrte nach dem Ersten Weltkrieg in seine Heimat zurück, wo er westlich von Warschau das katholische Zentrum Niepokalanow mit Verlag, Druckerei, Werkstätten, Rundfunkstation, Klostergebäude und einem Seminar für Gymnasiasten gründete.
1938 war Niepokalanow mit mehr als 660 Franziskanern eine der großen Klostergemeinschaften Europas. Die kurze Blüte endete jäh mit dem deutschen Überfall auf Polen 1939. Die Soldaten vertrieben den Orden und machten den Klosterkomplex zum Gefangenenlager. Kolbe kam nach einer ersten Inhaftierung wieder frei. 1941 wurde er erneut verhaftet und nach Auschwitz deportiert.
Überschattet wird Kolbes Lebensleistung von einer antijüdischen Haltung. Kolbes Zeitschriften bezeichneten Juden als “Krebsgeschwür im Volkskörper”. Kolbe gründete die marienfromme Gebetsgemeinschaft “Militia Immaculatae” mit dem erklärten Ziel, “Häretiker, Schismatiker, Juden und besonders die Freimaurer” zu bekehren, jene “organisierte Clique fanatischer Juden, die die Kirche zerstören wollen”.
Für die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vashem sind die unter Kolbes Leitung veröffentlichten Texte klar antisemitisch. Zugleich habe sich Kolbe aber gegen extremen Antisemitismus gewandt. “Kolbes Antisemitismus hatte keine rassistische Konnotation, Kolbe predigte die Konversion der Juden zum Christentum”, so die Bewertung.
Unmittelbar nach Kriegsende begann Kolbes Verehrung als Märtyrer. In einem gemeinsamen Brief baten 1963 die polnischen und deutschen Bischöfe um die Seligsprechung, die 30 Jahre nach seinem Tod erfolgte. 1982 sprach Papst Johannes Paul II. seinen Landsmann als “Märtyrer der Versöhnung” heilig.