UK 46/2018, Interview zu Brasilien (Hintergrund Seite 5: „Was haben wir bloß getan?“)
Das Bild von der aktuellen Lage in Brasilien, das der Autor in seinem Interview malt, ist völlig weichgezeichnet.
1. An die Macht gekommen ist nicht nur das Individuum Jair Bolsonaro, sondern der Bolsonaro-Clan. Seine Söhne sind gleichfalls als Politiker aktiv.
2. Bolsonaro hat mitnichten den Makel, nichts mit Korruption zu tun zu haben. Er wird gesponsert von Brasiliens Fleischindustrie. Was ihn an die Macht brachte war vor allem das Geschäft mit der Angst und das Versprechen der Liberalisierung des Waffenbesitzes.
3. Es ist berechtigt, ihn als Faschisten zu bezeichnen. Die Militärdiktatur hätte den Fehler gemacht, zu wenig Menschen umzubringen, so seine Haltung. Seine Stimme im Impeachmentverfahren gegen Dilma Rousseff widmete er Coronel Alberto Brilhante Ustra, einem berüchtigten Folterer der Militärdiktatur. Hitler hält er für einen „großen Strategen“. Er hat bereits eine massive „Säuberungswelle“ angekündigt. Eine schwarze Liste von 700 Journalisten, Künstlern und Theologen wurde letztens von seinen Anhängern veröffentlicht. Er steht für Folter und Hinrichtung von Kriminellen.
4 Die Indigenas Brasiliens lässt er nicht nur links liegen, sondern er will dafür sorgen, dass ihnen „keine Handbreit Land“ mehr übrigbleibt. Den Frauen schenkt er nicht nur keine Achtung, sondern Frauen sind ihm nichts anderes als Sexualobjekte. Einer seiner Söhne zeigte das Bild eines Homosexuellen-Aktivisten mit Plastiktüte über dem Kopf und Striemen auf der Haut.
5. In der Zeit zwischen den Wahlgängen wurden von Bolsanaro-Anhängern zwei Menschen ermordet. Die Gedenkstätte für die im Frühjahr ermordete Stadträtin Michelle Franco (Arbeiterpartei PT) wurde zerstört. Die Suche nach ihren Mördern wird von den Behörden verschleppt. Bolsonaro schürt bewusst diese Gewalt.
6. Die evangelikalen Kirchen haben Jair Bolsonaro auf das Podest gehoben und wollen mit ihm ein „Reich Gottes auf Erden“ errichten – ein Äquivalent zum Kalifat auf muslimischer Seite.
Für viele Menschen in Brasilien bricht eine Zeit der Sonnenfinsternis an. Daran beteiligt sind in hohem Maße die Evangelikalen. Nachdem schon Donald Trump ohne die Evangelikalen nicht Präsident der USA hätte werden können, zeigen sie nun ihr hässliches Gesicht hinter der frommen Maske. Das sollte uns zu denken geben.
Ein zweites: Nicht ohne Grund wird der Autor alles verharmlosen, arbeitet er teilweise doch dort. Dieses zum Thema Meinungsfreiheit im neuen Brasilien.
Dirk Harms, Schwerte
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