Als die alte Sara hört, dass sie schwanger werden soll, lacht sie ungläubig. Ähnlich reagieren viele Menschen auf das Evangelium von der Auferweckung Jesu. Aber Gott lässt sich nicht in menschliche Maßstäbe pressen, und der „Glaube“ an die Auferstehung fragt nicht nach richtig oder falsch, sondern nach Vertrauen.
Wer sich als Geschöpf Gottes empfindet und nicht als ein Zufallsprodukt humorloser Naturgesetze, wird dem Schöpfer danken und ihn loben, wie es in so vielen Psalmen geschieht. Dass Gott aber keinen Spaß versteht, wenn man an seinen Schöpfungskräften zweifelt, macht seine Beschwerde über Saras Lachen deutlich, als sie hört, dass Gott ihrem alten Abraham ankündigt, dass seine Frau, also sie, Sara, die alte Sara, binnen einen Jahres einen Sohn haben wird (1. Mose 18,10).
Wenig Vertrauen in Gottes Lebensmacht
Sie denkt: „Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch Liebeslust erfahren? Auch ist mein Herr doch schon ein alter Mann!“ Gott ist darüber ganz schön sauer, denn vor Sara hatte ja auch schon Abraham deswegen gelacht: „Da fiel Abraham auf sein Angesicht nieder und lachte. Er sprach in seinem Herzen: Können einem Hundertjährigen noch Kinder geboren werden und kann Sara als Neunzigjährige noch gebären?“ (1. Mose 17,17).
Ja, halten die beiden Alten und so Lebenserfahrenen Gott für einen Spaßvogel? Oder für einen Angeber, der zu viel verspricht und es dann doch nicht halten kann? Gott hält dagegen: „Ist denn für Gott irgendetwas zu wunderbar?“ (1. Mose 18,14).
Was der Alttestamentler Gerhard von Rad hier mit „zu wunderbar“ übersetzt, findet sich in der Lutherbibel mit „unmöglich“ wiedergegeben. Es lässt sich auch mit „unbegreiflich“ übersetzen, so dass Gott sich darüber empören würde, dass so etwas wie die wunderbare Empfängnis einer Neunzigjährigen für Gott nicht machbar wäre, weil ihm das Know-How dafür fehlte. Geht halt nicht. Ist ja auch echt schräg. Kannste nix machen!
Paulus irrte bei Abrahams Zweifeln
Paulus hatte diese Passage wohl vergessen, als er irrtümlich im Römerbrief behauptete, Abraham hätte nie gezweifelt: (vergleiche Römer 4,19-21 nach der Übersetzung des Frankfurter Neuen Testaments 5).
Tja, da hat die Erinnerung dem Apostel wohl einen Streich gespielt. Nicht erst Sara, sondern auch zuvor Abraham bringen mit ihrem Lachen zum Ausdruck, dass doch auch der Wundermacht Gottes Grenzen gesetzt sind. Auch Gott kann nicht alles, also Ball flach halten, kleine Brötchen backen, wünschen, was geht, realistisch bleiben: „Wenn nur Ismael vor dir am Leben bleibt“ (1. Mose 17,18), wünscht sich Abraham von Gott, dem er das angekündigte Wunder der Schöpfung eines neuen Lebens nicht zutraut.
Der Tod als Grenze göttlicher Macht?
Auch die klugen alten Griechen waren davon überzeugt, dass die Macht der Götter Grenzen hat. Aischylos, einer ihrer größten Dichter, lässt den Gott Apollon die Wundermacht seines Vaters Zeus loben und zugleich die Unmöglichkeit der Auferstehung (anástasis) als Grenze göttlicher Macht beklagen: „Fesseln kann er wohl lösen, gibt‘s doch dafür Rat, manch Mittel, manchen Weg zur Befreiung führt; Doch wenn des Mannes Blut erst aufgeschlürft der Staub, er einmal tot ist, gibt‘s für ihn kein Auferstehen. Hierfür Heilgesänge bracht mein Vater nicht zustand‘ und setzt sonst alles andre, auf und ab es drehend, in Schwung doch, ohne stärkern Atems Kraft.“ (Aischylos, Eum. 644-651).
Selbst der Chef der griechischen Götter, Zeus, verfügt nicht über die Macht der Auferweckung der Toten. Das ist wohl die Macht des Faktischen, die nicht wenige evangelische Theologinnen und Theologen der Gegenwart auch für den Gott Israels in Rechnung stellen, ihn damit in die Schranken empirischer Begrenztheit weisen und so der griechischen Weisheit näherstehen als der biblischen Botschaft. Paulus beklagt im ersten Korintherbrief solche „griechische“ Weisheit, die Auferweckung für ein Hirngespinst hält, weil es ihr Erfahrung und Vernunft unmöglich macht, Gott zu vertrauen.
Trauen wir Gott die Auferstehung zu?
Wenn Gott aber wirklich mein Schöpfer ist, und nicht nur mein Schöpfer, sondern der Schöpfer allen Lebens, kann er dann nicht auch aus Totem Neues Leben schaffen? Wenn wir Gott das nicht zutrauen, warum feiern wir dann Abendmahl? Dort begegnet doch der auferweckte Gekreuzigte, oder ist auch das nur eine religiöse Phantasie? Aberglauben für Ungebildete? Cannabis für den religiösen Rausch, aber ein Ärgernis für die protestantische Vernunft?
Aber dann hat auch die Feier des Abendmahls wirklich keinen Sinn. Und dann können wir an den Gräbern nur verstummen. Dann können wir die Kirchen dicht machen. Eine Kirche ohne Gottvertrauen braucht niemand!
Auferstehung ist keine quasiempirische Zukunftsvorhersage
Gehen wir doch einmal einen Moment davon aus, dass Gott wirklich tun kann, was er verheißen hat und nichts zu wunderbar ist für den, der alles geschaffen hat und der seine Geschöpfe über den Tod hinaus liebt, begleitet, neu schafft. Neuer Himmel, neue Erde: „Und abwischen wird er jede Träne aus ihren Augen und der Tod wird nicht mehr sein und Leid und Klage und Not werden nicht mehr sein, weil das Erste vergangen ist. Und es sagte der Sitzende auf dem Thron: ‚Sieh: Neu mache ich alles!‘ Und er sagt: ‚Schreibe, dass diese Worte zuverlässig sind und wahr!‘“ (Johannesapokalypse 21,4f., FNT 1). Zu schön, um wahr zu sein?
Trauen wir Gott zu, dass er das kann. Vertrauen wir Gott, dann brauchen wir nicht an Auferstehung, Leben nach dem Tod oder was auch immer zu „glauben“. Auferstehung ist dann keine quasiempirische Zukunftsvorhersage, kein religiöser Wetterbericht oder irrationale Börsenspekulation.
Ich spekuliere nicht auf ein Leben nach dem Tod, sondern ich vertraue Gott, dass seiner Wundermacht auch der Tod keine Grenze setzen kann. Das meint das Evangelium von Jesus Christus, das Neue Testament, nicht als Metapher!
Das Vertrauen wird zur Gotteskraft
Und dieses Gottvertrauen in die gute Nachricht von der Auferweckung des gekreuzigten Jesus lässt diese Nachricht selbst zu einer Gotteskraft (dýnamis, Römer 1,16f.) werden, die mich täglich stärkt, heute zuversichtlich macht und mich auch angesichts der dramatischen, beängstigenden und so traurigen Lage unserer Menschenwelt hoffnungs- und handlungsfähig hält. Kein Scheitern, kein Zweifel, keine Krankheit, kein Tod, keine Angst, keine Mutlosigkeit, kein Nichtverstehen, keine Lüge, kein Gedanke, keine Scham, keine Schande, kein Verlachen, keine Gewalt, kein Krieg, keine Ungerechtigkeit, kein Klimawandel kann mich von der Liebe Gottes trennen, die in Jesus Christus sichtbar geworden ist und sichtbar bleibt.
Nein, ich muss nicht an Auferstehung als einen Sachverhalt glauben, es geht vielmehr um das persönliche Vertrauen (das ist die korrekte Übersetzung des griechischen Wortes pístis, nicht „Glaube“) zu Gott, dem Schöpfer, dem Neuschöpfer, der den Gekreuzigten von den Toten auferweckt hat und auch mich von den Toten auferwecken und mir neues, andauerndes Leben in der Gemeinschaft der Menschen mit Gott und seinem Sohn schenken wird.
Mit der Botschaft der Bibel neu sehen lernen
Woher ich das weiß? Von Menschen, die Gott vertraut und ihn so bezeugt haben. Vertrauen bewirkt Vertrauen. Und kann man das irgendwo nachlesen? Ja, am sichersten und verständlichsten im Buch der Bücher. Wenn die fremden Worte der Bibel zu unseren eigenen Worten werden, Worte, auf die wir hören, Worte, mit denen wir barmherzig sehen und neu und zuversichtlich denken lernen, schenken diese Worte uns einen neuen gewissen Geist, der die Trübsal und die Ohnmacht und die Verzweiflung vertreibt und aufatmen lässt.
„Ihr sollt euch überhaupt nicht mehr vom Schrecken ergreifen lassen“ (Markus 16,6), sagt der Engel am leeren Grab. Lachen wir nicht länger über Gottes Wundermacht, sondern freuen wir uns auch mit unseren menschlichen Bedrängnissen, Ängsten und Zweifeln über das Wunder unseres jetzigen Lebens und auf das, das noch kommt.
Stefan Alkier ist Professor für Neues Testament und Geschichte der Alten Kirche an der Universität Frankfurt