Terror und Tote in Paris. „Wir sind sprachlos. Wir verstummen. Das Entsetzen verschließt uns den Mund.“ So die kirchlichen Reaktionen auf die Anschläge in Frankreich. Darin drückt sich Ohnmacht und Hilflosigkeit aus.
Sofort mussten sich die Christinnen und Christen die Frage gefallen lassen: Habt ihr denn nichts Hoffnungsvolleres beizutragen? Warum verstummt ihr, wenn die Welt sich fragt: Wie konnte Gott so etwas zulassen?
Die bittere Antwort ist: Die Christen wissen es auch nicht.
Leid und Not, Mord und Gewalt gibt es von Anbeginn der Menschheit. Die Terroranschläge in Paris waren nicht die ersten, bei denen sinnlos Menschenleben ausgelöscht wurden. Und es werden wohl leider nicht die letzten sein.
Will Gott uns strafen? Erziehen? Ist das Zufall? Fügung? Alles Antworten, die im Laufe der Zeit schon gegeben worden sind. Keine davon kann überzeugen. Gott lässt dem Menschen den freien Willen; der kann sich zum Guten oder zum Bösen entscheiden – ja, das mag man mit dem Verstand verstehen. Aber mit dem Herzen ist es nicht zu fassen: Warum lässt Gott das zu?
Gott! Wo bist du? Das ist die Frage, mit der sich Dietrich Bonhoeffer in der Todeszelle quälte. Die Frage, die die Mutter hinausschreit, deren Sohn entführt, missbraucht und getötet wurde. Und es ist die Frage, die Jesus am Kreuz mit in den Tod nimmt: Mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Jesus hat die Frage nicht beantwortet. Er hat das Leiden auf sich genommen. Wer mit ihm, dem Gekreuzigten, dem Geschundenen und Hingerichteten, unterwegs sein will, muss das akzeptieren: Gott bewahrt uns nicht vor dem Leid. Aber er ist bei uns, wenn es uns trifft. „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Es sind die Menschen, die einander das Böse zufügen. Was kann man also tun?
Für viele ist jetzt klar: Bomben auf die islamistischen Milizen! Aber das könnte die Spirale aus Gewalt und Gegengewalt weiter beschleunigen. Die Anschläge in Paris wurden ja ausdrücklich als „Vergeltung“ für das militärische Engagement Frankreichs in Syrien und Irak gestartet. Die Ursachen des Terrors angehen? Das wäre gut, würde aber die Bereitschaft voraussetzen, die gegenwärtige Weltordnung komplett zu überdenken – schwer vorstellbar bei den massiven Interessen, die auf allen Seiten dagegenstehen.
Was kann der Einzelne tun? Beten, dass die Gewalt nicht siegt. Sich im eigenen Umfeld um Verständigung bemühen. Den Nächsten nicht verteufeln, auch nicht den Flüchtling; auch der flieht vor dem Terror.
Christinnen und Christen haben keine Erklärung für das „Warum“ des Leides. Kein Rezept, wie man es überwindet. Sie haben eine Vision, eine Verheißung. Wunderbar ausgedrückt in dem Lied: „Wo Menschen sich verbünden, den Hass überwinden, und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.“ Das ist der Anbruch des Gottesreiches. Die Aussicht darauf trägt die Christen. Durch das Leid.
Artikel teilen:
Warum lässt Gott das zu?
Wenn Gewalt und sinnloses Leid in das Leben einbrechen, stellen sich Menschen immer wieder zwei Fragen: Warum? Und: Was sollen wir jetzt tun? Die Antwort der Christen