von Sophie Ludewig
Waren. Vielen gilt die "Matthäuspassion" als die größte und bedeutendste Vertonung der Leidensgeschichte Jesu. Uraufgeführt während des Karfreitagsgottesdienstes am 11. April 1727 in der Leipziger Thomaskirche, geriet die "Matthäuspassion" allerdings nach Bachs Tod fast ein Jahrhundert lang in Vergessenheit, bis sie der erst zwanzigjährige Felix Mendelssohn Bartholdy 1829 in Berlin wieder auf die Bühne brachte und damit eine Renaissance der Musik des großen Thomaskantors auslöste. Am 2. April wird sie in Rostock aufgeführt und am 8. April in der St. Georgenkirche in Waren.
Gewaltige und berührende Chorpassagen
Christiane Drese, die Kantorin der St. Georgenkirche in Waren ist begeistert von dem Werk, das Bachs ganzes Können darstelle: "Wenn man sich darauf einlässt, kann es eine sehr berührende und beglückende Erfahrung werden. Wir haben darin einerseits unglaublich kraftvolle Chorpassagen – allein schon der Eingangschor ‚Gottes Lamm unschuldig’! Und auf der anderen Seite gibt es dann solche Stellen wie ‚O Mensch, bewein dein Sünde groß’, die so innig wirken und direkt auf den Grund der Seele schauen."
Die Düsternis der Passionserzählung mit dem Kreuzestod Jesu als Schluss- und Höhepunkt werde in Bachs Werk immer wieder durchbrochen. "Mich berührt, wie auch in den dunkelsten Passagen das Licht der Hoffnung durchscheint. Zum Beispiel wie bei einer meiner Lieblingsstellen: ‚Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen’. Dort erkennt der römische Hauptmann, dass Jesus wirklich Gottes Sohn war. Nun ist Jesus aber tot und damit kommt diese Erkenntnis ja eigentlich zu spät. Durch die Musik klingt an dieser Stelle aber auch etwas Helles mit, das schon auf die Auferstehung verweist."
Mühevolle Chorarbeit, die sich lohnt
In Waren proben die rund 120 Mitwirkenden teilweise bereits seit über einem Jahr für die Aufführung. "Die Herausforderung besteht darin, sich diesen enormen Text- und Musikumfang anzueignen und es dann ganz mühelos klingen zu lassen", erklärt Christiane Drese. Chorarbeit erfordere deshalb sehr viel Vertrauen in das Engagement und die Lernfähigkeit der Sänger. Gleichzeitig sei es aber auch ein großer Gewinn für alle Beteiligten, diese außergewöhnliche Musik zu entdecken und die Entwicklung des Chors mitzuerleben. "Es ist einfach eine ganz tolle Erfahrung, zu sehen, wie die Leute durch das Singen aufblühen und innerlich wachsen. Deswegen hat sich die ganze Mühe eigentlich schon vor der Aufführung gelohnt", meint die gebürtige Oberlausitzerin, die seit 15 Jahren als Kirchenmusikerin in Waren arbeitet.
Großes Engagement der Schüler
Dieser Ansicht sind offenbar auch die jüngsten Sänger. "Es ist super, mit so vielen Leuten zusammen zu singen", findet die neunjährige Stella vom Kinderchor der evangelischen "Arche"-Schule. Ihrem Mitschüler Erik sei das viele Textlernen in den Proben überhaupt nicht schwer gefallen: "Die Melodien sind so schön, da ging das eigentlich ziemlich schnell." Lampenfieber vor dem Auftritt am 8. April hätten die meisten der rund 20 Chorkinder übrigens auch nicht: "Wenn wir dann alle da vorne stehen und die Musik losgeht, dann klappt das einfach immer irgendwie."