Auf der Homepage der „Werkstatträte Deutschland“ ist die Hoffnung vieler Beschäftigter in Werkstätten in leichte Sprache gefasst: „Menschen sollen von ihrem Geld leben können. Auch Menschen mit Behinderung und Erkrankungen. Jeder Mensch soll selbstbestimmt leben können.“ Diese Ziele, so der Dachverband der Interessenvertreter, lässt sich mit einem „Basisgeld“ verwirklichen. Doch ob, in welcher Form und wann das so kommt, ist offen.
Eine Reform des Entgeltsystems hat die Ampel im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Sie will ein „nachhaltiges, transparentes und zukunftsfähiges Entgeltsystem in Werkstätten schaffen“. Nach neuen Daten lag das durchschnittliche Entgelt in den Werkstätten 2022 bei monatlich 224 Euro (inklusive 52 Euro Arbeitsförderungsgeld). Es setzt sich aus einem Grundbetrag und einem Steigerungsbetrag zusammen. Der Grundbetrag beträgt seit dem 1. August 2024 monatlich 133 Euro. Weitere Komponenten sind das Arbeitsförderungsgeld und ein Zuschuss zur Altersrente. Das Problem: Grundbetrag und Steigerungsbetrag werden aus dem Arbeitsergebnis der Werkstatt bezahlt, sie hängen also vom wirtschaftlichen Erfolg der Einrichtung ab.
„Aktuell erarbeitet das Ministerium den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts“, sagte eine Sprecherin von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der soll noch in dieser Legislaturperiode vorliegen. Geplant sei die Einführung eines „steuerfinanzierten Werkstattgeldes, auf das jede und jeder Werkstattbeschäftigte unabhängig von der individuellen Arbeitsleistung einen Anspruch haben soll.“ Zudem solle das Entgelt nicht mehr auf die Grundsicherung angerechnet werden.
Auf diesen Gesetzentwurf warten auch die „Werkstatträte Deutschland“ mit Spannung. Denn es stockt im vom Bundesarbeitsministerium im vergangenen Oktober begonnenen Dialogprozess zum Umbau der Bezahlung in Werkstätten. In den Gesprächen knirschte es hörbar. Ein erster Vorschlag zur Reform des Entgelts wurde Ende des Jahres 2023 vom Ministerium wieder zurückgezogen, heißt es bei den Werkstatträten auf Anfrage. Seitdem gebe es keinen neuen Anlauf, voranzukommen.
Mindestlohn wird in den Werkstätten nicht bezahlt, weil es sich bei den Tätigkeiten um sogenannte arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse handelt. Die Mitarbeitenden sind keine Arbeitnehmer im klassischen Sinn. Eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung sei kein herkömmlicher Betrieb, erläutert die Lebenshilfe. „Hier werden Menschen beschäftigt, für die der allgemeine Arbeitsmarkt nicht zugänglich ist. Menschen sollen auf eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereitet werden“, heißt es auf der Homepage.
„Werkstätten sind keine Erwerbsbetriebe. Nicht das wirtschaftliche Ergebnis steht bei der Werkstattleistung im Vordergrund, sondern die berufliche Entwicklung durch individuell angepasste Arbeit und Beschäftigung sowie arbeitsbegleitende Maßnahmen“, sagte die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen, Kathrin Völker, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Wilfried Oellers, Behindertenbeauftragten der Unionsfraktion im Bundestag, schlägt vor, das staatlich finanzierte Arbeitsförderungsgeld „noch um einen pauschalen Betrag einmalig zu erhöhen“. Der CDU-Politiker sagte dem epd, außerdem solle es keine Deckelung mehr geben, wenn Grund- und Steigerungsbetrag sowie Arbeitsförderungsgeld zusammen den Betrag von 351 Euro überschreiten. Für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten ist das ein vernünftiger Schritt. „Allerdings wird auch hiermit die Forderung nach einem existenzsichernden Einkommen für Werkstattbeschäftigte nicht erfüllt.“