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Wahlen – nicht für alle ohne Hindernisse

Am Sonntag sind in Deutschland Bundestagswahlen. Nicht für alle Menschen ist der Gang zum Wahllokal gleichermaßen ohne Hindernisse. Welche Hilfen gibt es, damit auch Menschen mit Handicap oder in besonderen Lebenssituationen ihr Wahlrecht ausüben können? Und wo besteht noch Nachholbedarf? Eine Übersicht:

* BARRIEREFREIHEIT: In Deutschland sind nicht alle Wahllokale barrierefrei. Im Oktober 2023 rügte der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen mangelnde Niedrigschwelligkeit, besonders in ländlichen Gebieten. Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit empfiehlt in einer Handreichung zur Wahl: „Es sollten Räumlichkeiten oder Gebäude gewählt werden, in denen möglichst viele Wahlberechtigte selbstständig ihre Stimme abgeben können.“ Zur Barrierefreiheit gehören dabei neben baulichen Voraussetzungen unter anderem auch eine Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, eine Beschilderung mit Piktogrammen oder eine ausreichende Beleuchtung der Wahlkabinen.

* ASSISTENZ: Die Bundeswahlordnung benennt Hilfsmittel, die zum Beispiel Menschen mit Behinderungen nutzen können, um selbstständig zu wählen. Dazu gehören auch Personen, die als Wahlassistenz zum Beispiel vorlesen, was auf dem Wahlzettel steht oder auch für Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit ein Kreuz setzen können. Die Assistenten dürfen auch die Wahlkabine betreten. Als Assistenten können etwa vertraute Personen wie Angehörige oder Freunde mitgebracht werden. Laut Bundeswahlordnung kann die Hilfsperson auch ein vom Wähler bestimmtes Mitglied des Wahlvorstandes sein.

* HILFSMITTEL: Damit blinde und sehbehinderte Menschen geheim und frei wählen können, versenden der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband und die entsprechenden Landesverbände eigens angefertigte Wahlschablonen. Darin sind Löcher eingestanzt, die den Kreisen zum Ankreuzen auf dem Stimmzettel entsprechen, wie der Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen erläutert. Außerdem gibt es dazu eine CD, auf welcher eine Gebrauchsanweisung der Schablone und alle Positionen des Stimmzettels, nach Wahlkreisen unterteilt, aufgelesen wurden.

* NIEDRIGSCHWELLIG: Damit auch wohnungslose Menschen ohne festen Wohnsitz ihr Wahlrecht wahrnehmen können, mussten sie für die anstehende Bundestagswahl bis spätestens Freitag, den 31. Januar 2025 einen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis stellen. Das gilt für diejenigen, die keine Meldeadresse haben. Zuständig ist nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe das Wahlamt der jeweiligen Kommune, in der sich die betreffende Person gewöhnlich aufhält. Als Adresse kann die Gemeindeverwaltung angegeben werden. Der Antrag kann per Post oder durch eine andere Person eingereicht werden. Für die Briefwahl muss ein zusätzlicher Antrag gestellt werden. Sammelanträge, die von Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe vorbereitet werden können, erleichtern den Menschen den Zugang zur Wahl.

Einige Wohnungsloseneinrichtungen wie der Kontaktladen Mecki in Hannover haben sich als offizielle Briefwahlaußenstelle für die Bundestagswahl registrieren lassen. Die vertraute Umgebung erleichtert es nach den Erfahrungen der Mitarbeitenden vielen Wohnungslosen, ihr Wahlrecht auszuüben.

* IM GEFÄNGNIS: Für Gefängnisinsassen gilt wie für alle anderen auch: Sie sind wahlberechtigt, wenn sie die deutsche Staatsbürger und mindestens 18 Jahre alt sind. Ein Gericht kann das aktive Wahlrecht allerdings wegen schwerer politischer Straftaten entziehen. Dazu gehören etwa die Vorbereitung eines Angriffskrieges und Landesverrat, aber auch Wahlbehinderung und Fälschung von Wahlunterlagen. Das Wahlrecht darf aber auch in diesen Fällen nicht lebenslang, sondern nur für zwei bis maximal fünf Jahre entzogen werden.

Die Häftlinge können in der Anstalt selbst wählen, wenn diese als eigener Wahlbezirk registriert ist. Ansonsten bleibt ihnen die Briefwahl.