Mecklenburg-Vorpommerns Landesbeauftragter für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, Burkhard Bley, hat an eine vor 40 Jahren in Güstrow (Landkreis Rostock) verübte Gewalttat eines Stasi-Wachmanns mit zwei Toten und einem Schwerverletzten erinnert. Dieses lange ungesühnte Gewaltverbrechen stehe „exemplarisch für das um der Macht willen Recht und Menschlichkeit verachtende SED-Regime“, teilte Bley am Mittwoch in Schwerin mit. „Wir gedenken der Opfer der Gewalttat von Güstrow und aller Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft.“ Diese Erinnerung sei Mahnung und Auftrag, die in der friedlichen Revolution errungene Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen.
Laut Bley schoss in der Nacht vom 21. zum 22. Dezember 1984 ein betrunkener Stasi-Wachmann vor dem Sitz der Stasi-Kreisdienststelle Güstrow auf drei Männer: Uwe Siatkowski und Wolf-Dieter Runge (beide 30) starben, Frank Nitsch (21) überlebte schwer verletzt. Um die Gewalttat zu vertuschen, habe die Stasi die Legende erfunden, der MfS-Angehörige habe in Notwehr gehandelt, hieß es. Alle Beteiligten, der Überlebende Frank Nitsch, die Angehörigen der Erschossenen, aber auch der Güstrower Bürgerrechtler Heiko Lietz seien eingeschüchtert und bespitzelt worden. Der Todesschütze sei nach wenigen Wochen aus der Untersuchungshaft entlassen worden, „ein Gerichtsverfahren wurde in der DDR nicht angestrengt“, hieß es.
Erst Ende 1990 habe das Landgericht Berlin den Täter wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Das Urteil wurde den Angaben zufolge nach Revision vor dem Bundesgerichtshof im Juli 1991 rechtskräftig. Im Dezember 2014 wurde eine „Den Opfern der Gewalt 1949-1989“ gewidmete Gedenktafel in der Neukruger Straße in Güstrow erneuert.
Mit Unterstützung der MV-Landesbeauftragten-Behörde sei Frank Nitsch 2016 für das erlittene Unrecht und die Gesundheitsschäden rehabilitiert worden, hieß es. Als Zeitzeuge habe Frank Nitsch öffentlich mehrfach über sein Schicksal berichtet, darunter in dem von der evangelischen Nordkirche herausgegebenen Buch „Biografien politisch Verfolgter und Diskriminierter in Mecklenburg 1945 bis 1990“.