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Vom Wissen zur Weisheit

Das evangelische Erwachsenenbildungswerk in Westfalen und Lippe wurde vor 40 Jahren gegründet. Präses Annette Kurschus würdigte Beweglichkeit und Kreativität der Institution

DORTMUND – Mit einem Festakt hat das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Westfalen-Lippe (EBW) in Dortmund sein 40-jähriges Bestehen begangen. Die westfälische Präses Annette Kurschus würdigte das Engagement des Erwachsenenbildungswerkes für eine plurale, demokratische Gesellschaft. Anliegen der Gründer des Bildungswerkes sei eine Bildung gewesen, die den Menschen stärke und die Gerechtigkeit fördere. Kennzeichen der Einrichtung seien mutige, kreative Freiheit sowie Verbindlichkeit auf der anderen Seite, sagte Kurschus beim Festakt im Dortmunder U.
Für das Bildungswerk bleibe es eine wichtige Aufgabe, „grundsätzliche Lebens- und Lernbewegungen des Glaubens wach zu halten“, so Kurschus. Die Präses würdigte das Angebot der Einrichtung, das neben konkreten Arbeitsfeldern auch mit ungewöhnlichen Programmpunkten und Bildungsforen aufwarte. Als Beispiele nannte Kurschus den Poetry Slam und die Oldtimer-Pilger. Bildung als „Über-die gewohnten-Kästchen-Hinausdenken“ sei ein Kennzeichen des Erwachsenenbildungswerkes, sagte Kurschus, und eine Institution, die in Bewegung bleibe, stünde der manchmal als starr empfundenen Kirche gut zu Gesicht.
Für ein neues Leitbild der deutschen Gesellschaft, das allen Bürgern des Landes das Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt, sprach sich der Bochumer Politikwissenschaftler Volker Heins aus. Ein solches Leitbild solle den Menschen Halt und Orientierung bieten in einer Zeit, in der sie sich durch die hohe Zahl von Flüchtlingen stark verunsichert fühlten, erklärte der Vorstand des Kulturwissenschaftliches Instituts in Essen. Laut ARD-Deutschlandtrend befürchteten zwei Drittel der Befragten, dass sich durch die Neuankömmlinge der Frieden im Land auf Dauer verschlechtere.
Heins skizzierte zwei Konfliktfelder bei der Integration von Migranten: Zum einen müssten sie sich der von außen an sie herangetragenen Norm der Mehrheitsgesellschaft anpassen, wobei das Misstrauen gegen sie steige, je erfolgreicher die Anpassung verlaufe. Als Beispiel nannte der Wissenschaftler die Gruppe der gut ausgebildeten jungen Frauen mit türkischen Wurzeln, die in akademischen Berufen auf Ablehnung stießen. „Putzfrauen mit Kopftüchern stören keinen, aber wehe, die Kopftuchmädchen wollen Lehrerinnen oder Professorinnen werden“, formulierte Heins zugespitzt.
Einen zweiten Konflikt machte Heins in der „neuen völkischen Bewegung“ aus, die Gewalt befürwortete und sich der öffentlichen Diskussion entzöge. Hier sah der Referent die Gefahr einer „biodeutschen Parallelgesellschaft“.
Das Festsymposium stand unter dem Thema „Wandel begleiten, Vielfalt gestalten, Gerechtigkeit fördern“.
Die Evangelische Erwachsenenbildung Westfalen-Lippe hat ihren Sitz in Dortmund. In Kooperation mit regionalen Bildungsstätten, Instituten, Tagungshäusern und Stadtakademien bietet sie nach eigenen Angaben jährlich mehr als 8000 Bildungsveranstaltungen an. Das Themenspektrum reicht von Religion und Integration über Familie und Erziehung, Gesellschaft und Soziales bis zu Arbeitswelt und Beruf sowie Gesundheit und Kultur. epd/leg