Die Idee hat national und international ein großes Echo hervorgerufen. Nun schließt am Sonntag (13. Oktober) „Dürer under your skin“ – eine der erfolgreichsten Sonderausstellungen des Nürnberger Dürerhauses. Sechs Monate lang zeigte sie, dass sich überall auf der Welt Menschen Tätowierungen nach Motiven von Albrecht Dürer (1471-1528) auf die Haut stechen lassen: Die betenden Hände, Szenen aus der Apokalyse oder der bekannte Dürer-Hase schmücken Arme, Beine oder Pobacken. Die Leiterin des Dürer-Hauses, Christine Demele, blickt im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf die ungewöhnliche Schau zurück.
epd: Gab es bei ihrer Tattoo-Ausstellung nur begeisterte Besucherinnen und Besucher oder auch Kopfschütteln?
Christine Demele: Abfällige Bemerkungen waren selten. Es gab aber Leute, die es nicht sehen wollten, wenn wir die Tattoo-Sessions im Museum hatten. Ich kann nicht genau beziffern, wie viele Menschen in der Sonderausstellung waren, aber wir haben deutlich mehr Tickets verkauft als im Vorjahreszeitraum. Mein subjektiver Eindruck ist gewesen, dass wir ein unheimlich diverses Publikum hatten. Es kam nicht nur der klassische Museumsbesucher, sondern auch jüngere und viele tätowierte Personen waren da. Leute, die sonst nie ins Museum gehen, sagten mir, sie würden schon in der Metropolregion wohnen, aber sie hätten noch nie das Dürer-Haus besucht.
epd: Welche Bilanz ziehen Sie nach der Ausstellung aus Sicht der Kunsthistorikerin und der Kuratorin?
Demele: Ich hatte das Tätowieren als grafische Technik zuvor nicht auf dem Schirm. Sie zu entdecken, war auch für mich eine Bereicherung. Wir können natürlich keine Tattoos sammeln, aber die Relikte der Ausstellung kommen ins Archiv und sie werden auch weitergereicht. Die ETH Zürich (Eidgenössische Technische Hochschule) übernimmt einen Teil der Tattoo-Fotos, die Details der Apokalypse von Dürer zeigen. Vor der Ausstellung sind wir manchmal von Kollegen belächelt worden, aber inzwischen konnte ich für eine kunsthistorische Fachzeitschrift einen Aufsatz darüber verfassen und bei einer Konferenz des Projekts „Albrecht Dürer’s material world“ ist über unsere Ausstellung in den höchsten Tönen gesprochen worden.
epd: Zu Beginn der Ausstellung standen Sie dem Tätowieren noch ein wenig skeptisch gegenüber. Nun haben Sie sich selbst zwei Tattoos stechen lassen. Welche?
Demele: Es gibt von Dürer den Riesenholzschnitt „Der große Triumphzug“, darauf sind die Charaktere der Tugenden mit abstrakten Schnörkeln verziert dargestellt. Ich habe mir auf die Fesseln meiner Füße die Schnörkel der Solertia und die Experientia stechen lassen, des Geschicks und der Erfahrung. Ich muss sagen, diese Tattoos beflügeln mich, geben mir einen Energieschub und treiben mich jetzt an, die Vorbereitungen des Dürer-Jahrs 2028 zu seinem 500. Todesjahr voranzutreiben. Das Motto des Jahres wird sein „Dürer unsterblich“ – so viel kann ich schon verraten. Und sie wird wie die Tattoo-Ausstellung wieder partizipativ sein. Denn das hat mich begeistert, dass so viele Menschen ein Teil davon sein wollten. (00/2997/10.10.2024)