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Vom Früchteboykott bis zur Erlassjahr-Kampagne

Der Kirchliche Entwicklungsdienst feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen

Nicht überall in afrikanischen Ländern ist die Gesundheitsversorgung ausrteichend
Nicht überall in afrikanischen Ländern ist die Gesundheitsversorgung ausrteichendepd-bild / Ingo Lehnick

Seit 50 Jahren gibt es den Kirchlichen Entwicklungsdienst (KED) in den evangelischen Landeskirchen, um benachteiligten Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen und die Ursachen für Ungerechtigkeit zu bekämpfen. In dieser Zeit wurden vielfältige Aktivitäten unterstützt: der Boykott der evangelischen Frauenarbeit „Kauft kein Obst aus Südafrika“, die Kampagne Erlassjahr, das Aktionsbündnis gegen Aids, die Kampagne für Saubere Kleidung. Auch für viele Weltläden und den Fairen Handel hat der KED maßgeblich „Geburtshilfe“ geleistet und fördert diese Arbeit heute noch.
Die Evangelische Kirche von Westfalen ist von Anfang an dabei und setzt eigene Schwerpunkte, etwa im Aktionsbündnis gegen Aids. Unterschriften für bezahlbare Medikamente für HIV-Infizierte wurden gesammelt oder mobile Gesundheitsstationen in Südafrika gefördert. Gemeinsam mit Bündnispartnern wurde vieles erreicht: So gibt es heute für betroffene Menschen günstige Medikamente. Menschen auf dem Land in Südafrika erhalten ärztliche Behandlung und Gesundheitsberatung.
Doch Aids und andere Krankheiten wie Tuberkulose kosten noch immer viel zu viele Menschenleben. Es wird daher weiterhin die Arbeit des KED in Westfalen und bundesweit gebraucht.
Der KED versteht sich als ein unverzichtbarer Teil kirchlicher Arbeit in dem evangelischen Selbstverständnis: „Die Christenheit ist beauftragt, das Kommen der Gottesherrschaft in der Welt zu verkündigen, zu helfen und zu heilen. Ihre Sendung gründet in dem Glauben, der die Welt als Gottes Schöpfung bezeugt, in der Liebe, die in dem entrechteten und armen Nächsten ihrem Herrn begegnet, und in der Hoffnung, die in der Gewissheit der kommenden neuen Schöpfung handelt.“
Seit seiner Gründung im Jahr 1968 ging und geht es bis heute dem Kirchli­chen Entwicklungsdienst um die Weltverantwortung als Gemeinschaftsaufgabe der deutschen evangelischen Landeskirchen. Es waren gesellschaftliche Bewegungen, die in den 1960er Jahren seine Gründung mit angestoßen haben. Ausgehend von Fragen und Diskussion über Gerechtigkeit für die sogenannte „Dritte Welt“, Abrüstung oder die Bekämpfung von Apartheid.
Beflügelt von den Forderungen der Vollversammlung des Weltkirchenrates (ÖRK = Ökumenischer Rat der Kirchen) von Uppsala 1968, appellierte die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) 1968 in Berlin-Spandau an alle Landeskirchen, freiwillig Steuereinnahmen für den Kampf gegen Armut und Hunger zur Verfügung zu stellen. Geplant waren zunächst zwei Prozent aller kirchlichen Haushaltsmittel. Der Betrag für die Aufgaben des KED sollte bis 1975 auf fünf Prozent ansteigen. Diese Mittel aus eigenen Kirchensteueraufkommen sollten zusätzlich aufgebracht werden und die Spenden für das Hilfswerk „Brot für die Welt“ ergänzen. Die Landeskirchen stimmten zu, allerdings wurden die zwei Prozent nicht immer erreicht.
Es ging dabei um zwei zentrale Anliegen: Menschen im Süden konkret zu unterstützen sowie um Analyse und Bekämpfung der Ursachen für Armut, Menschenrechtsverletzungen und Ungerechtigkeit. Informations- und Bildungsarbeit war seither ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des KED. Eine Kommission für Entwicklungsfragen wurde gegründet. Es entstanden etwa der Ausschuss für entwicklungsbezogene Bildung und Publizistik (ABP), und es wurden Stellen als Beauftragte für kirchlichen Entwicklungsdienst in den Landeskirchen eingerichtet. In dem 2012 mit Sitz in Berlin gegründeten Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung wurden die verschiedenen Arbeitsbereiche zusammengeführt.
50 Jahre später braucht es weiterhin Engagement für mehr Gerechtigkeit angesichts bestehender Herausforderungen wie den Klimawandel und seine Folgen. Weltweit werden Menschenrechte verletzt durch multinationale Unternehmen, neue Schuldenkrisen drohen, Welthandel und Agrarpolitik finden vielfach unter unfairen Bedingungen statt. Der KED setzt sich beispielsweise ein für gesetzlich verankerte Unternehmensverantwortung, Klimagerechtigkeit, gerechte Handelsabkommen, gerechte Rohstoffpolitik, ökofaire Beschaffung, ethische Geldanlagen sowie für neue Wirtschafts- und Lebensmodelle angesichts der Grenzen des Wachstums.

Katja Breyer, KED-Beauftragte in der Evangelischen Kirche von Westfalen, arbeitet in Dortmund im landeskirchlichen Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe).