Der Bund der Vertriebenen fordert eine weltweite Ächtung von Vertreibung und mehr Einsatz für Versöhnung. Das Bundesinnenministerium sagt zu, dass Ukraine-Flüchtlinge mögliche Ansprüche als Spätaussiedler behalten sollen.
Zum “Tag der Heimat” hat der Bund der Vertriebenen (BdV) am Wochenende eine weltweite Ächtung von Vertreibung angemahnt. “Aufgrund eigener leidvoller Erfahrungen fordern wir mit Nachdruck, Vertreibungen weltweit zu ächten und wirkungsvoll zu verhindern”, sagte Verbandspräsident Bernd Fabritius der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Doch auch heute müssten Menschen aufgrund von Krieg und Gewalt ihre Heimat verlassen, fügte er hinzu. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei “ein unerträgliches Geschehen” für den Bund und seine Mitglieder. Dieser setze sich fortwährend für Frieden und gegenseitiges Verständnis ein.
Der “Tag der Heimat” in Berlin stand diesmal unter dem Leitwort “Heimatvertriebene und Heimatverbliebene: Gemeinsam für ein friedliches Europa”. Anlass für den alljährlichen Gedenktag ist die Unterzeichnung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen im August 1950.
Eigentlich wollte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an der Veranstaltung teilnehmen, doch Fabritius berichtete zu Beginn, dass sie wegen des Anschlags nach Solingen gereist sei, wofür er vollstes Verständnis habe. Ihre vorgesehene Rede wurde von Staatssekretärin Juliane Seifert verlesen.
In seiner eigenen Rede rief Fabritius die Bundesregierung auf, die deutsche Kultur im Ausland und die Erinnerungskultur – auch an Flucht und Vertreibung – weiterhin zu fördern. Anders als die Heimatvertriebenen lebten auch heute noch viele Heimatverbliebene als deutsche Minderheiten in den östlichen Nachbarländern. Die Bundesregierung müsse die Förderung dieser Minderheiten verlässlich und angemessen garantieren, anstatt über Kürzungen nachzudenken, so Fabritius weiter.
Außerdem warnte der BdV-Chef davor, die Erinnerung an Flucht und Vertreibung von Millionen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg als erledigt oder gar überholt anzusehen: “Sonst besteht die Gefahr einer staatlich gelenkten Geschichtsinterpretation und Erinnerungskultur.”
Auch heute sei es weiter wichtig, über alle Grenzen hinweg zusammenzurücken, um die Vision eines friedlichen Europas lebendig zu erhalten, hieß es in der Rede von Bundesinnenministerin Faeser: “Populisten und Extremisten machen Front gegen die europäischen Werte und Institutionen, predigen einen Weg zurück ins nationalstaatliche Klein-Klein. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt: Dieser Weg führt schnell in den Abgrund.”
Die Brücken, die die Heimatvertriebenen in ihre alten Heimatgebiete geschlagen haben, seien “zu einem belastbaren Fundament eines geeinten Europas geworden. Eine Leistung, auf die Sie zurecht stolz sein können.”
Faeser ergänzte, die Bundesregierung sei sich “ihrer besonderen Verantwortung für die deutschen Minderheiten bewusst und fördert sie umfänglich. Und, das betone ich, selbst angesichts der bestehenden Sparzwänge.”
Unter anderem wolle man in Polen die außerschulische Sprachförderung der dortigen Deutschen intensivieren und in der der Ukraine die Arbeit von Begegnungsstätten fördern.
In ihrer verlesenen Rede kündigte Faeser außerdem an, dass Flüchtlinge aus der Ukraine potenzielle Ansprüche als Spätaussiedler behalten sollen. Dies werde jetzt mit einer entsprechenden Verordnung abgesichert. Das bisherige Bundesvertriebenengesetz habe vorgesehen, dass jeder, der seinen Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet aufgibt, unweigerlich seine Rechte als potenzieller Spätaussiedler einbüßt. Viele hätten dies als ungerecht empfunden – auch die Ministerin selbst.