Die UNO beklagt eine zunehmende Polarisierung in Debatten um die Weltbevölkerung. Während auf der einen Seite Ängste vor einer “Bevölkerungsexplosion” geschürt würden, gebe es auf der anderen Seite verunsichernde Warnungen vor einem “Bevölkerungskollaps” wegen zu wenig Geburten, heißt es in dem veröffentlichten Weltbevölkerungsbericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen. Versuche, Geburtenraten zu steuern, führten oft zu Zwang und Menschenrechtsverletzungen.
Der Fonds plädiert dafür, auf politische Eingriffe, restriktive Gesetze und Moralforderungen zu verzichten. Stattdessen sollten Staaten und Regierungen den Menschen ermöglichen, tiefgreifende persönliche Entscheidungen über ihren Körper, ihre Familie und ihre Zukunft eigenständig zu treffen.
Für den Weltbevölkerungsbericht haben die UN-Organisation und das Meinungsforschungsinstitut YouGov mehr als 14.000 Frauen und Männer in 14 Ländern befragt, in denen zusammen über 37 Prozent der Weltbevölkerung leben. In allen Ländern wünschten sich die meisten Befragten laut Bericht zwei Kinder. Doch in jedem Land gab es einen erheblichen Anteil an Menschen, die ihre Kinderwünsche im Lauf des Lebens angepasst hatten – sowohl nach unten als auch nach oben.
Bericht: Jede dritte Frau erlebt ungewollte Schwangerschaft
Fast ein Fünftel der Befragten im fortpflanzungsfähigen Alter (18 Prozent) sagte, sie würden vermutlich nicht die von ihnen gewünschte Kinderzahl erreichen: Elf Prozent rechneten mit weniger, sieben Prozent mit mehr Kindern als beabsichtigt. Auch Menschen über 50 Jahre wurden befragt, bei denen eine abgeschlossene Familienplanung angenommen wurde. Die tatsächliche Zahl ihrer Nachkommen wich häufig von früheren Wünschen ab: 31 Prozent sagten, sie hätten weniger Kinder bekommen als beabsichtigt; 12 Prozent gaben an, mehr Kinder bekommen zu haben.
32 Prozent der Befragten haben laut Bericht mindestens eine unbeabsichtigte Schwangerschaft erlebt. Global gilt fast jede zweite Schwangerschaft als unbeabsichtigt. 61 Prozent dieser Schwangerschaften endeten mit einem Abbruch.
23 Prozent der Befragten hatten einen unerfüllten Kinderwunsch; über 40 Prozent von ihnen mussten diesen Wunsch ganz aufgeben. Finanzielle Gründe (über 50 Prozent), gesundheitliche Probleme (24 Prozent) und Zukunftssorgen wie Klimawandel und Kriege (19 Prozent) verhindern demnach die gewünschte Kinderzahl.
Sexualität und Familie: Eingriffe verletzten oft Menschenrechte
Der Bericht verweist darauf, dass weltweit 44 Prozent aller Frauen und Mädchen keine Entscheidungsgewalt über ihre sexuellen Beziehungen, Verhütung oder reproduktive Gesundheitsversorgung hätten. Fast jedes fünfte Mädchen weltweit werde vor dem 18. Lebensjahr verheiratet. In 69 Ländern hätten elf Prozent keine Kontrolle über Verhütung, 25 Prozent nicht über ihre Gesundheitsversorgung; 24 Prozent könnten Sex nicht ablehnen. Etwa ein Drittel aller Frauen erlebt laut Umfrage im Laufe ihres Lebens sexualisierte Gewalt, Gewalt durch (Ex-)Partner oder andere Formen von Missbrauch.
Der Bevölkerungsfonds kritisiert, politische Eingriffe in den Bereich von Sexualität und Familie führten oft zu Menschenrechtsverletzungen. Viele staatliche Maßnahmen erwiesen sich außerdem als unwirksam oder hätten negative Folgen, darunter etwa finanzielle Anreize wie einmalige “Baby-Boni”, Verbote von umfassender Sexualaufklärung an Schulen oder Einschränkungen beim Zugang zu Verhütungsmitteln.